Vater und Sohn

Jedes Jahr kürt eine Jury die besten, aussagekräftigsten, eindrucksvollsten Pressefotos. In mehreren Kategorien vergeben die Fachleute Preise. Den ersten Platz belegte und damit den Titel “World Press Photo” erhielt ein Foto von einer Frau mit ihrem Kleinkind aus Niger. Hier nun also ein Blick in einige anderen Kategorien.

Das erste, was einem beim Betrachten dieses Bildes auffällt, sind die Augen von Vater und Sohn. Es sind ausdrucksstarke Blicke, die sich beide zuwerfen. Sie schauen sich besonders eindringlich an.

1st prize Contemporary Issues Singles - Yannis Kontos, Greece, Polaris Images - Boy helps his father to dress, Sierra Leone

Der Junge blickt konzentriert auf den Hemdkragen seines Vaters. Schaut zu ihm auf. Er schließt die Knöpfe. Sein Vater hat sich leicht zu ihm hinuntergebeugt. Sein Blick ist so tief, wirkt so dankbar, zugleich so verzweifelt, so hilflos, so leer. Der Mann ist auf die Hilfe seines Kindes angewiesen: Ihm fehlen beide Hände. Sie wurden vermutlich abgehackt – Sierra Leone ist vom Bürgerkrieg durchschüttelt. Andere Menschen, auch Frauen und Kinder zu verstümmeln, ist das brutale Alltagsgeschäft der verfeindeten Rebellen in diesem Krieg, in dem es auch um Diamanten geht.

Bildnachweis:
1st prize Contemporary Issues Singles
Yannis Kontos, Greece, Polaris Images
Boy helps his father to dress, Sierra Leone
(World Press Photo)

Vogelgrippe in Deutschland

Der Verdacht hat sich bestätigt: Die toten Schwäne von Rügen waren mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 infiziert. Das sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Kurth, soeben im Morgenmagazin des ZDF. Fachleute hatten Gewebeproben der toten Vögel in der Nacht weiteren Test unterzogen.
«Wir können sicher sein, dass diese Tiere den auch für Menschen gefährlichen Vogelgrippeerreger des Typs H5N1 haben», sagte Kurth. Urlauber hatten die Tiere in der vergangenen Woche auf Rügen gefunden. Die Kadaver sind im Eis im Hafen von Wittow eingefroren. Einem Bericht des ARD-Hörfunks zufolge ringe dort ein weiterer Schwan mit dem Tod.
Die Landestierärztin von Mecklenbugr-Vorpommern, Maria Dayen, sagte, im Radius von 10 Kilometern rund um den Fundort würden jetzt Geflügelbetriebe kontrolliert. Sie werden klinisch untersucht, um herauszufinden, ob sich bereits Nutztiere angesteckt haben. Im Umkreis von 3 Kilometern dürfe kein Geflügel mehr transportiert werden.
Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) rief die Geflügelhalter zu besonderer Vorsicht auf. Bundes-Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hat angeordnet, dass zum Schutz vor der Vogelgrippe bereits ab Freitag deutsches Nutz-Geflügel nur noch im Stall gehalten und nicht mehr ins Freie gelassen werden darf.

Post an Wagner

Franz Josef Wagner schreibt jeden Tag auf Seite 2 der Bild eine Kolumne, die “Post von Wagner” heißt und mit denen der Autor den Empfängern wahlweise ins Gewissen redet, sie öffentlich demütigt oder sonstwie zur Schau stellt. Heute widmet er sich dem dynamischen Olympiaduo, Waldemar Schmidt und Harald Schmidt. Das ist die Gelegenheit für eine Replik, bei der nur ein paar Wörter – die kursiven – ausgetauscht und der erste Absatz weggelassen werden müssen:

Lieber Herr Wagner,
(…)
Ich habe nun ihre Kolumne schon öfter gelesen. Ich konnte nicht aufhören. Ich wollte die ganze Zeitung aus dem Fenster schmeißen. Was für Verallgemeinerungen musste ich lesen. Wagner als Moralapostel im Dauereinsatz, als Besserwisser auf Seite 2. Und Wagner scheinheilig anteilsvoll zu den Eltern der Leipziger Irakgeiseln: “Ich frage mich, warum die Eltern dieser Söhne alleine weinen müssen.”
Es gibt Zeitungen, bei denen man sich schämt, dass man Augen hat.
Bitte, bitte, hören Sie auf. Es ist besser, den Schwanz einzukneifen und sich wegzuschleichen, als Idiot für immer zu sein. Das Konzept stimmt nicht. Tagesgeschehen und Platitüden sind so falsch wie (sic!) Lachen beim Sex. Kein Grimmepreis für Wagner, allerletzer Platz. Und allerletzte Frage: Gehen Sie betrunken ans Schreiben?
Herzlichst,
Ihr
Christian Kohlhof

Vogelgrippe: H5N1-Verdacht in Mecklenburg-Vorpommern

Die Vogelgrippe hat Deutschland erreicht. In Mecklenburg-Vorpommern seinen vier tote Schwäne entdeckt worden, sagte eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums am Abend in Berlin.

Diesen Angaben zufolge habe ein Schnelltest ergeben, dass zwei Tiere mit dem auch für Menschen gefährlichen Virus H5N1 infiziert gewesen seien. Das berichtet der Norddeutsche Rundfunk auf seiner Internetseite . Es seien aber noch weitere Tests notwendig, um Gewissheit über die Todesursache der Vögel zu erlangen. Gewebeproben sollen nun in einem britischen Labor untersucht werden. Im Radius von drei Kilometern um den Fundort der Kadaver sei eine Schutzzone eingerichtet worden.

Die Sprecherin des Schweriner Landwirtschaftsministeriums sagte Stern.de, sämtliche Geflügelbetriebe in der Region würden untersucht, Geflügeltransporte seien nur noch in Ausnahmefällen erlaubt.

Auf der Internetseite des Agrarministeriums hieß es am Abend nur knapp , dass der Verdacht bestehe, dass zwei Schwäne an H5N1 verendet seien.

Deshalb sei der Termin, heimisches Geflügel nur noch in Ställen zu halten, nun auf den 17. Februar, also Freitag vorgelegt worden. Bislang hatte Agrarminister Seehofer (CSU) die Stallpflicht auf Montag, 20. Februar, vorverlegen wollen. Eigentlich war sie erst für den 1. März geplant. Nun sind auch Geflügelschauen verboten.

Die Sorgen wegen der Vogelgrippe seien immer größer geworden, hatte Seehofer den Entschluss begründet. In Österreich waren zuvor ebenfalls verendete Schwäne gefunden worden. Sorge bereitet den Experten auch, dass in Kürze der Vogelzug zurück gen Norden beginnt. Dadurch könnte das Virus auf mehreren Routen nach Deutschland eingeschleppt werden.

Weitere Berichte über die Rügener Schwäne gibt es bislang nur bei der Oberhessischen Presse (Vogelgrippe hat Deutschland erreicht) und ausführlich bei Stern.de (Rügen:Vogelgrippe-Verdacht in Deutschland), sowie bei Focus-online und beim Mitteldeutschen Rundfunk. .

Layer-Seuche

Sie sind eine Seuche, ja, sprechen wir es ruhig einmal offen aus: Seuche. Die Nachfolger der Werbepopups im Internet. Wenn die aufklickenden Browserfenster mit Casinowerbung die Schuppenflechte des Internets sind, dann sind Layer online-Lippenherpes. Und das kam so: Weil immer mehr Browser von Haus aus gut funktionierende Werbeblocker mitbringen, bleiben die Werbepopus zu. Die kaufmännisch vollkommen richtige Entscheidung der Werbetreibenden: Neue Mittel und Wege finden, die bunten Botschaften an den Mann zu bringen. So wie die Zettel-Boys, die nahezu täglich bunte Schnipsel mit Telefonnummern an Autotüren und Scheibenwischer klemmen in der Annahme, man wolle ausgerechnet ihrem Boss das eigene Auto für den Export verkaufen, haben die Online-Boys eine derzeit recht hartnäckige Variante entwickelt: Für die Werbebilder geht kein eigenes Fenster auf, sondern das Bild legt sich, gewissermaßen als Teil der eigentlichen Seite, wie eine Folie darüber. Bildschirmfüllend wie sonstwas. Für gewöhnlich sucht man dann ein kleines X irgendwo in der Grafik, mit der man sie abschalten kann. Das dauert, man muss das Ding doch genauer ansehen – es kostet Zeit, und es ist lästig. Wie schön, wenn es tatsächlich ein x gibt. Offensichtlich ist diese Layer-Terror-Seuche aber noch nicht mit allen Browsern oder Auflösungen oder was weiß ich denn kompatibel. Wie neulich schon ein E-Plus-Layer, ist es diesmal ein orangenes Quadrat von Easy-Jet, das den Blick auf handelsblatt.de nachhaltig verwehrt. Kein X, nix.

layer_seuche.jpg

Riesensauerei. Wenn irgendwelche Konzerne schon so nett sind, durch Werbegeld Internetauftritte zu finanzieren, dann können sie es doch bitte so anstellen, dass man es nach gnädiger Lektüre von vielleicht 13 Millisekunden einfach weg-xen kann. Aber nein.

Kirsche mit Ü

1995, 26. November, Musik- und Kongresshalle. “Fury in The Slaughterhouse” sind zum Konzert gekommen. Als Vorband kam ein Mann auf die Bühne. Er hatte eine Stehlampe dabei, trung geringelte zu weite und zu kurze Stoffhosen, ne Strickmütze und begann sein Programm. Heute:

Kürsche: The same as being you

Der junge Mann wirkte wie ein Clown, rockte denn aber derart los, dass die Halle – meiner elf Jahre alten Erinnerung nach – richtig lostobte. Ein Deutschrocker mit englischen Texten und Entertainerqualitäten spielte eine Mischung aus Pop, Rock, Jazz und Folk. Seinen echten Namen möchte Kürsche nicht verraten. Is ja auch egal. In diesem Song jedenfalls, der vom 1997er-Album “I’m here” stammt, gehts zunächst auch mal ganz sutsche los. Nur Gitarre, ein bisschen Synthesizer, dann Schlagzeug und schließlich wieder Kürsche deutlich hörbar an der Klampfe. Eine rockige Liebeserklärung, die rummst.

Die Kürsche im Netz .

Triphop-Tipp: Top!

Vor zwei Tagen in der CD-Abteilung vom Elektronikmarkt. Natürlich gibt es Musik als Hintergrundberieselung. Ein Song fällt auf. Eine Frau singt mit leicht kratzender Stimme, dazu treibende Beats, Synthesizer, Streicher, Gitarren – das einzige Wort aus dem Text, das auf Anhieb zu verstehen ist, ist “Flashlights”. Keine Ahnung, welche Band das ist. Und der freundliche Mitarbeiter hat tatsächlich noch genau ein Album da (“die gehen heute weg wie warme Semmeln”). In der Rubrik “Musik des Tages” heue:

Röyksopp: What Else is There

Triphop heißt das Genre für diese mal fröhliche, mal mystische elektronische Musik. Ambient und Chill fällt mir dazu ein – so würde ich es nennen, aber ich habe ja keine Ahnung. Spätestens zum Bandnamen, da fällt wohl auch den Experten kaum noch etwas ein. Vielleicht denkt man unwillwürlich an Roy Black und wünscht sich dann mit Schaudern schnell andere Gedanken. Röyksopp ist ein normegisches Wort bezeichnet wohl einen seltenen Pilz.

Hinter dem Namen stecken zwei Jungs, die – so will es die Legende – schon in der Schule mit Keyboards, Samplern und Computern Musik gemacht haben, während der Rest der Schule auf Gitarren und Schlagzeuge eindrosch. Über Independent-Labels verkauften sie schließlich über 750.000 Stück ihres ersten Albums, waren unter anderem mit Moby auf Tour und steuerten für das Betriebssystem MacOS 10.3 (Jaguar) den Erkennungssound bei.

“What Else is There” klingt so, als würde man sowieso nie ganz dahinter kommen, worum es eigentlich geht. Und auch die Musik klingt auf faszinierende Art vertraut und geheimnisvoll zugleich, melodisch und neuartig. Das gilt für das gesamte Album “The Understanding”, dem “What Else is There” als Single entnommen wurde. Erholsam und fordernd zugleich.

Homepage der Band

Porträt bei laut.de

Eintrag bei Wikipedia.de

Blubberbläschen

Die Auszeichnung “World Press Photo” für das Jahr 2005 ging an ein Bild, das die Hungersnot in Afrika thematisiert. Preise werden aber auch in anderen Kategorien vergeben. So kürte die Jury auch Sportfotos. Das ihrer Meinung nach beste ist dies hier:

1st prize Sports Action Stories - Donald Miralle, Jr., USA, Getty Images - Sports portfolio: Aaron Peirsol during the Santa Clara Grand Prix, 26 June

Ist es ein Vogel, ist es ein Flugzeug? Nein, es ist Aaron Peirsol unter Wasser, fotografiert von Donald Miralle jr. für die Agentur Getty Images. Die Lichtbrechungen am Beckenrand, die Blubberbläschen, die gen Oberfläche steigen und dazu die gespannte Haltung des Körpers machen diese Aufnahme Dank ihres ungewöhnlichen Blickwinkels zu einem echten Hingucker.

Bildnachweis:
1st prize Sports Action Stories
Donald Miralle, Jr., USA, Getty Images
Sports portfolio: Aaron Peirsol during the Santa Clara Grand Prix, 26 June

(World Press Photo)

Prima, prima aus Dänemark!

Von unseren nördlichen Nachbarn sind in den zurückliegenden Wochen verhängnisvolle Botschaften in alle Welt gegangen. Karikaturen, unüberlegt gezeichnet auf der einen Seite, bewusst missverstanden, überbewertet und für Radikalen-Proteste instrumentalisiert, beherrschen seit Tagen die internationale Berichterstattung. Schlechtes dänisches Krisenmanagement im Innern und nach Außen und übertriebene Proteste von Islamisten sollen hier jetzt keine weitere Rolle spielen. Für die Musik des Tages verweise ich an diesem Sonntag gerne auf einen speziellen Internetstream von Danmarks Radio. Heute:

Danmarks Radio: DR Jazz

Smoothig, sophisticated, rauchig, abwechslungsreich: Jazz, Modern Jazz, Swing. Herrlich, ich mags. Und da erinnere ich mich gerne an einen Werbespot für Lakritz-Naschwerk aus Bonn, das hierzulande einst mit “Prima, prima aus Dänemark” beworben wurde. Den Prima Jazz gibt es hier im Stream.