Grinsebacke wird 24

24 Jahre sind im Falle von Computern und Rechnerleistungen im Vergleich zum Erdzeitalter etwa die Spanne vom Pleistozän bis gestern. Nur ganz selten stoßen Archäologen auf Relikte aus der Vor-Internet-Zeit, weil Speichermedien von anno-digital inzwischen zerbröselt sind oder es schlicht und einfach keine Lesegeräte mehr dafür gibt. Um so größer war die Überraschung, als irgendwelche Freaks alte Speicherbänder aus den USA analysierten. Sie fanden nach eigenen Angaben das Ur-Smiley bzw. den Ur-Smiley. Er erblickte das vermutlich fahle Licht grünstichiger, flimmernder Monochrom-Monitore heute vor 24 Jahren, am 19. September 1982 um 11:44 Uhr.

Es war diese Zeichenfolge: :-)

In einem Computer-Forum gab es eine Diskussion, die mit der Frage eingeläutet wurde, was mit Kerzen und Quecksilber in einem Fahrstuhl passiert. Im Laufe der Debatte war es dann Scott E. Fahlman von der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh, der vorschlug, nicht ganz ernst gemeinte Beiträge zu kennzeichnen. Mal abgesehen davon, dass der gute Mann einen bemerkenswerten Vornamen hat (man mächte ja fast augenblicklich Beam me up, Scotty rufen), arbeitet er immer noch als Computerwissenschaftler an der Hochschule, ist durch seinen Geniestreich aber nicht stinkreich geworden. Er hätte vielleicht zunächst ein Copyright-Smiley entwickeln sollen. Aber nein….

Und jetzt schaun wir uns mal an, was aus der simplen Folge dreier Zeichen im Laufe der Emoticon-Evolution geworden ist:

Na ja.

Das Ursprungsposting

Bericht beim WDR

Homepage des Erfinders

Wikipedia mal wieder

Bechersoziologie

Sie ist grün in zwei Tönen, auf der anderen Seite aber auch schlumpfblau. Meine Tasse – wobei mir der Begriff Becher eher zusagt. In Tassen passen Pfützen. Mit einem kräftigen Schluck aus einem echten Becher hingegen verdünnen ebenso echte Kerle den Stress eines typischen harten Arbeitsalltags.
Mein Becher im Spannungsfeld

Mein Becher – im Spannungsfeld zwischen privater Tasse und öffentlichem Arbeitsplatz.

Mein Becher also ist ein Souvenir. Von Rügen, aus Bergen, aus dem Idea-Supermarkt. Beim Vogelgrippeeinsatz brauchte ich schlicht ein Trinkgefäß für die heiße Plörre aus meiner Thermoskanne, weil ich in der allgemeinen Hektik beim Aufbruch Richtung Insel daran eben nicht gedacht hatte. Der Becher hat genau einen Euro gekostet.
Seit Februar verbinde ich liebevolle Erinnerungen damit: An tote Schwäne, Männer in Schutzanzügen, Peter Klöppel, der mit nem Hubschrauber eingefolgen wird, Desinfektionskommandos der Bundeswehr, Live-Gespräche mit dem rbb über die Herkunft eines Habichts und an geschmacklich fürchterliche Sojamilch aus dem Tetrapack, die ich in der allgemeinen Becher-Euphorie dereinst gleich literweise mit einkaufte.
Dieser grün-blaue Becher war mir auch im Frühjahr wegen dieser einzigartigen Memoiren-Kombination und nicht zuletzt auch wegen seiner grün-blauen Optik ein lieber Freund, ein treuer Begleiter in der eigenen Küche.
Bis ich den Entschluss fasste, ihn mit in die Redaktion zu nehmen. Dort sollte er mir ein Anker zum dran Festhalten sein in der wogenden Bürohektik im zuweilen recht aufreibenden Redaktionsalltag. Das ging ein paar Tage gut. Dann war er weg.
Auf dem Schreibtisch einer Kollegin tauchte er wieder auf. Jeden Tag. Ich beobachtete das ganz genau, gab mich aber gelassen. Ich trank eben aus anderen Tassen, die ich im Küchenschrank fand: Aus dem Bahn-Becher (bei dem ich das Gefühl hatte, dass der Tee darin immer erst ein bisschen später durchgezogen ist), aus dem Humpen von der Schule für Rundfunktechnik mit verwaschenem Aufdruck oder dem Erinnerungsstück vom Rostocker Weihnachtsmarkt 2002, auf dem ein pummeliger Nikolaus mit einer Sternschnuppe jongliert wie sonst nur der große Diktator mit der aufblasbaren Weltenkugel.
Und dann habe ich doch mal nachgefragt bei der Kollegin, wie sehr ihr denn mein Becher gefällt (ich vermied allerdings das “mein” zunächst. Ich wollte objektive Meinungen hören. Und ich hatte mich schon damit abgefunden, dass er nun jemand anderem gehört. Hauptsache, es geht ihm gut.)
Diese Nachfrage mündete in einer ausführlichen Debatte rund um Bedauern, Entschuldigung und Verständnis und der Tatsache, dass der Becher nur Minuten später frisch gewaschen in meinem Postkorb lag. Obendrein überreichte man mir mit nachsichtigen Worten einen Zeitungsartikel zum Thema. Ein Volkskundler von der Uni Göttingen hat über 2000 Männer und Frauen befragt, ob und warum sie im Büro oder in der Werkstatt eine eigene Tasse haben. Und siehe da: “In jeder Tasse spiegelt sich ein Stück der Welt”, heißt es in dem Text. Und weiter, im vorletzten Absatz:

Im Spannungsfeld zwischen privater Tasse und öffentlichem Arbeitsplatz wird der eigene Becher somit “zur Rückzugsmöglichkeit in einer ansonsten fremdbestimmten Umbegung”. Die Tasse wird zum Ausdruck von Individualität in einer standardisierten Welt.

Man hat ja auch sonst nix. Wie gut, dass ich nicht allein bin.

Die Wams und andere haben sich schon darüber ausgelassen.
Auch ne hübsche Tasse.