Bislang habe ich es geschafft, ein Leben ohne Terminkalender zu führen – und das ohne große Katastrophen wegen verpasster Treffen. Ich bin mir allerdings sicher, dass es – auch wegen meines fortschreitenden Alters – nur noch eine Frage sehr kurzer Zeit ist, bis ich die erste wichtige Verabredung vergesse. Das könnte verheerende Folgen in meiner Peer-Group, Familie, bei Kollegen oder redesligen Informanten haben… Kurz und gut: Mein Wunsch nach einem kleinen Mäppchen für die Planung von Treffen und Terminen wurde unlängst mit einem äußerst schönen Terminkalender, in orange-braunem Leder eingebunden, erfüllt. Glaubt man dem kleinen Beipackzettel aus der italienischen Terminkalender-Fabrik ist er aber eben nicht bloß ein Hilfsmittel zum Verwalten von Besprechungen und Dienstplänen, sondern der Schlüssel zu einer anderen Welt, zu einem Leben auf der Überholspur, in Saus und Braus, ein unverzichtbarer Begleiter… ein Universalbenutzer, wie ihn sonst nur Loriot kennt.
So lese ich nämlich Silbergrau auf Schwarz: Mein Terminbuch sei “der Begleiter für den Alltag und das Abenteuer”. Wie das? Nun: “Jeder erlebte Momente (sic!), jede Situationen (sic!), die des Einfangens und des Erinnerns wert ist (sic!), kann in Ihm (sic!) gespeichert werden”.
Und dass die Kalenderleute jenseits der Alpen euphorische Poeten sind, wird wenig später deutlich: “Dieser Safe wird geöffnet, indem man ihn von der Umarmung des elastischen Verschusses befreit und geschlossen, indem man denselben Verschluss auf dem Einband befestigt”. Tatsächlich hält ein schwarzes elastisches Band die Seiten zusammen, damit nichts fleddert, was nicht fleddern soll.
Mit diesem Ding bin ich in exzellenter Gesellschaft: “Er ist das Statussymbol der heutigen Schriftsteller und Reisenden.” Donnerwetter. “Ciak”, so heißt dieses “Buch des heutigen Künstlers und Tagebuchschreibers”, wird mit einer ausführlichen Aufzählung sämtlicher Vorteile, die das Produkt bietet, gepriesen. Und das bedeutet: dieses Buch im Westentaschenformat ist “ein Freund, auf den sie sich immer verlassen können”. Ist es nicht herrlich? Klingt fast so, als trage mein neuer Freund auch noch selbstständig alle Termine ein. Is aber nicht so, das muss man noch von Hand machen.
4 Gedanken zu „Mein Freund, der Kalender“
Kommentare sind geschlossen.
…ist das legendäre notizbuch der künstler und intellektuellen der vergangenen zwei jahrhunderte: von van gogh bis picasso…
… die bewegte realität festzuhalten, flüchtige details zu verewigen und einzigartige erfahrungen zu papier zu bringen: das -piep- sammelt ideen und emotionen, die ihre energien im laufe der zeit freisetzen.
na, welchen habe ich?
jaha, auch ich bin ganz schön wichtig. ich traue mich jetzt kaum, (nachdem ich den beipackzettel meines kalenders gelesen habe), meine aufregenden früh- spätdienstzeiten einzutragen, den spektakulären abholtermin der bio-tonne… ich schätze ca 7 wochen werde ich in schönschrift alles mögliche in meinen kalender eintragen, und ihn dann, wie seine vorgänger in den jahren davor, in den tiefen meiner handtasche beerdigen…
ohne kalender habe ich irgendwie mehr zeit, habe ich das gefühl…
schönen nacht nach 2007!!!
Ich liebe die CIAK Kalender, und bestelle sie mir extra jedes Jahr in Berlin. Leider bekommt man sie sonst nirgends.
Ich hoffe Du hast auch viel Spaß damit!
Beste Grüße,
Max
Hier in Rostock kann man sie im Buchladen kaufen.
Und ja, die sind gut. An die Tatsache, dass die Monatsnamen und Wochentage vornehmlich auf Italienisch (und erst drei Zeilen drunter auf Deutsch) abgedruckt wurden, muss ich mich aber noch gewöhnen.
Aber wenigstens weiß ich nun, dass heute Giovedì ist.
Zu 1. Na, na, das möchte ich aber nicht hoffen, dafür war er einfach zu teuer. Und ich wollte schon einen Kommentar schreiben, dann frag mal den biografen, warum er immer einen ganz bestimmten Kalender haben möchte, was da wohl für Eigenschaften ans Licht kommen, jetzt weiß ich das auch, das sind ja ganz ungeahnte Möglichkeiten, oh Mann, oh Mann – oder auch Frau. Aber die Frage ist ja nun mit dem Kommentar von 1 beantwortet, na dann … Weiß eigentlich gar nicht, wie ich zurechtkomme, wo ich doch “nur” einen mit den schönsten Bildern überhaupt und an der Wand hängend – habe und der in der Tasche, von meinem Friseur, aber er packt auch alle Termine und das ist doch das, was wir eigentlich wollen, oder???