Oh mann! Also heute ist hier so ein Tach – ich kann jetzt nicht auf Einzelheiten eingehen – an dem ich mal wieder dankbar bin, dass es Rosenkohl gibt. Eben jener hat mir heute die nötige Kraft gegeben, mich mit den Irrungen und Wirrungen in der größten Stadt des Landes herumzuschlagen.
Mahlzeit.
Monat: März 2007
“Let’s did it!”
Diesen legendär falschen Satz bekam Stefan Gwildis eigenen Angaben zufolge bei einem Festival zu hören. Es war wohl in etwa wie eine aufmunternde Anfeuerung gemeint. Jedenfalls berichtete Stefan Gwilids das heute Abend bei seinem Konzert in Rostock – und eröffnete mit dieser Anekdote sein Konzert.
Es war ein gute Auftritt vor geschätzt 700 Zuhörern im Saal 2 der Stadthalle. Er hat die von ihm intelligent auf Deutsch gecoverten Soulklassiker gespielt, dazu eigene Nummern von seinem neuen Album “Heut ist der Tag”. Zwischen den Songs ließ sich Gwildis Zeit für kruze sakrale soulige Predigten im Stile eines Priesters, der eine Gospel-Gemeinde anfeuert. So wurden die Rostocker “Brüder und Schwestern”, aufgefordert, alle Hemmungen fahren zu lassen (“Hallelujah”) und sich bei Bedarf vollständig zu entblößen oder auch die Stühle aus den Fenstern zu schmeißen. Das alles ist nicht passiert – weil unter anderem das im Durchschnitt mindestens 40 Jahre alte Publikum in langen Stuhlreihen Platz nehmen durfte. Und da ist es – vor allem im Norden – doch eher unwahrscheinlich, dass ein Konzert im Chaos endet.
Gwildis stand mit fünf Musikern auf der Bühne, spielte mit seiner Band zwischendurch unplugged, begeisterte das Publikum aber auch mit einer Percussioneinlage auf einer Blech-Mülltonne und ganz zu Anfang mit einer fetzigen Beatbox-Nummer nur mit Stimme und Mikrofon.
Der Saal 2 mutet eher wie eine Turnhalle an – die war allerdings ausverkauft. Das Publikum ging den Umständen entsprechend mit. Die Band war rasant, soulig, hatte Groove, so dass dies ein bemerkenswertes Konzert wurde. Ihr fehlte allerdings der Bläsersatz. Besonders beachtenswert sind bei Gwildis die Texte, hintersinnig, pointiert, unterhaltsam, mit Tiefgang, wie es so schön heißt. Den größten Applaus gab es wohl bei “Lass mal ruhig den Hut auf”, der Cover-Version von “You can leave your Hat on”. Schönes Konzert, schöner Abend – auch im Sitzen.
Milch gibts in der Service-Wüste
In Bäckereien oder besser: Verkaufsstellen für Teigbackwaren erlebe ich immer mal wieder dolle Dinge. Manchmal rege ich mich dort aber auch herzhaft auf. Vor allem dann, wenn ich für viel Geld, für das es an anderer Stelle nahezu komplette Mittagsmenüs gibt, koffeinhaltige Trend-Heißgetränke kaufe. Im roten Becher schäumen Kaffee-Mix, Sahnetupf und Nuss-Aroma vor sich hin – und dann leiern die Tanten hinter der Theke immer wieder denselben Satz herunter: “Zucker und Deckel finden Sie an unserer Service-Station”.
Wer jetzt erwartet, dass im Nebenraum die Mitarbeiterin der Woche wartet, die in weißem Schürzchen, hübsch zurecht gemacht, mit einem zauberhaften Sahnelächeln, mit silbernen Kännchen und umflort von einem dezenten süßen Duft sich anschickt, die eben abgefüllte Kaffee-Kreation durch das Verabreichen erlesener Ingredienzien zu verfeinern, um auf diese Weise der Mär von der Service-Wüste Deutschland eine Abfuhr zu erteilen, der wird… enttäuscht.
Die vielfach gepriesene Service-Station ist ein Verhau aus lieblos zusammengezimmerten Furnierholz-Brettern mit Fächern für Rohzucker (braun), Deckel (klein) und Deckel (mittel, groß). Das alles ist mit leicht verrutschten Klebebuchstaben beschriftet und von diversen Kunden schon mit klebrigem Karamel-Cappuccino bekleckert worden.
Das ist dann also der so genannte Service. So weit ist es inzwischen, dass man für den Kundendienst selber sorgen muss. Ich verstehe ja, dass es für Service-Kräfte schwer abzuschätzen ist, ob und wie viel Rohrzucker (braun) sich jeder einzelne Kaffeetrinker denn in seinen Becher streuen lassen möchte – beim Zwist um die richtige Menge würde sicherlich unnötig oft geflucht. Ich bin auch gern bereit, weiterhin selbst zusätzliche Zutaten in mein Heißgetränk einzurühren, ich kann, will und werde das allein tun.
Ich verwahre mich nur mit dem gebotenen Ernst und dem dazu passenden Nachdruck gegen die bodenlose Frechheit, einen Haufen Zuckertüten und nen Napf Milch als Service-Station hinnehmen zu müssen.
Ich hatte kurz überlegt, dem Unternehmen, das diesen menschenverachtenden Euphemismus zu verantworten hat, eine Mail zu schreiben. All meinen koffeingepeitschten Hass hätte in die paar Zeilen hineingehackt. Ich habe den Plan schnell wieder aufgegeben. Wahrscheinlich haben die in Ihrer Beschwerdeabteilung auch bloß so eine Art Service-Station: “Ausreden und Ausflüchte, Verweise auf allgemeine Unternehmensentscheidungen und eine Portion ausdrückliches Bedauern für unser Antwortschreiben an Sie entnehmen Sie bitte unsrer Textbaustein-Station.”
Schönen Dank auch.
Stella: “Ich will nicht zu bunt schillern”
Stella, Chat-Bot der Uni-Bibliothek in Hamburg hat auf alles eine Antwort (leider nicht immer die passende, aber vor allem dann, wenn es nicht um Bücher geht). Quelle: Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Montage: kohlhof.de
Sie begrüßt Ihre Kunden schon mal mit einem zünftigen “Moin!” – Stella, die virtuelle Mitarbeiterin der Hamburger Universitätsbibliothek. Seit Oktober 2004 berät sie auf der Internetseite der »Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky« Literatursuchende. Als Chat-Roboter muss man sich einiges gefallen lassen. Von unsittlichen Angeboten bis zu Heiratsanträgen war alles dabei. Im kohlhof.de-Interview spricht Sie über Hypothesen, schlichtes Weiß und die Krise der Hamburger SPD – oder auch nicht.
Banane, gebrannte Mandel
Habe vorhin die Eissaison 2007 mit je einer Kugel der Geschmacksrichtungen Banane und gebrannte Mandel eröffnet. Der Preis pro Stück betrug 60 Cent und hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht geändert.
“Fremdgegessen!”
Das war der knallharte Vorwurf, den ich mir vor einer Stunde anhören musste. “Tah! Sie haben fremdgegessen!” sagte die Kassiererin in der Mensa und ihre rot und blau umschminkten Augen verengten sich zu dunklen Schlitzen.
Sie hatte Recht, aber woran hatte die Gute es erkannt? Hatte sich meine Leibesfülle zu meinem Nachteil verändert? Klebten mir Essen-Reste vom vergangenen Freitag im Mundwinkel? Gab es in der anderen Mensa Informanten, Spitzel, Kameras? Offenbarte hier der Überwachungs- und Polizeistaat seine hässliche Fratze? Ist es jetzt wieder so weit, dass Leuten ein Strick daraus gedreht wird, dass sie ihren Hunger stillen? Wo ist Deutschland bloß hingekommen?
Das alles wären durchaus Fragen gewesen, die ich hätte stellen können. Die ganze Mensa hätte ich aufwiegeln können, denn es wäre ja sowieso alles zu spät gewesen, als gläserner Mittagsgast haste ja eh in dieser durchtriebenen Gesellschaft keine Chance mehr.
Für derlei Gedanken blieb mir allerdings keine Zeit. “Sie haben 12 Euro 87 auf ihrer Zahlkarte. Da wurde wohl mal ein krummer Betrag abgebucht, was? In der großen Mensa, nä?” Ja, so war es. Sie hatte mich ertappt, nach diesem sekundenlangen knallharten Verhör zwischen Besteckkästen und Saftautomaten gab ich auf und wimmerte schluchzend, herzergreifend und als gebrochener Mann: “Ja, ich war – da. Und nun richten sie über mich. Und wenn es ein Verbrechen ist, in der großen Mensa Biobrause in Flaschen mit 8 Cent Pfand zu kaufen, dann bin ich schuldig.”
Wie konnte ich nur so nachlässig sein. In der kleinen Mensa, in der ich jetzt am Pranger stand, gibt es nur Speisen und Getränke, deren Preise durch 5 Cent teilbar sind. Da musste so ein Ausflug an andere Theken mit krummen Preisen doch auffallen? “Jeder Täter macht irgendwann einen Fehler”, hörte ich diverse TV-Kommissare mit rauher Stimme in meinem Hirn raunen.
In der Gewissheit, nie wieder Tageslicht zu sehen und schon bald im Karzer zu versauern, griff ich mutlos und vom Leben enttäuscht mein Tablett, schlurfte zu einem freien Tischchen um meine Henkersmalzeit zu genießen, bevor die buckeligen Mensa-Schergen mich ins Verließ zu schleifen gedachten.
Die Kakophonie der Fernsehfahnder wurde unterbrochen: “Guten Appetit dann”, flötete mir die Kassendame noch hinterher.
Ich glaube, manchmal mache ich mir einfach zu viele Sorgen.
Daumen wieder loslassen
Es hat funktioniert! Wenn ich gleich meinen Rechner herunterfahre, wird trotzdem weiter Internetradio und dergleichen durch meine Wohnung dröhnen, weil das alles jetzt durch meinen kleinen aber feinen NAS erledigt wird. Die Installation lief trotz einer Schrecksekunden einigermaßen problemlos. Allerdings habe ich zunächst mal drauf verzichtet, alles auf einem USB-Stick zu installieren. Aus irgendwelchen Gründen wurde der Stick nicht erkannt. Für lange Erläuterungen ist gerade keine Zeit (und das Interesse der Zielgruppe dürfte sich auch in Grenzen halten), deshalb ein paar weiterführende Links.
Wikipedia über NSLU2
Deutschsprachiges NSLU2-Forum
Die Projekt-Seite für das erweiterte NSLU2-Betriebssystem
Anleitung, den Mediaserver Firefly auf einem NSLU zu installieren
Erfahrungsbericht zum Network Storage Link Linksys NSLU2-DE
NSLU2-Wiki (noch ausbaufähig)
Download der aufgebohrten Firmware (und hier weitere Versionsinfos)
Daumen drücken beim Aufbohren
Was ich jetzt vorhabe, grenzt an Größenwahn, unter anderem, weil es mit Linux zu tun hat. Aber die Gelegenheit ist günstig.
In der Mensa gab es eben Steak mit Pilz-Rahm-Sauce, danach noch nen Latte Macchiato und so nen Berliner mit Loch. Gleichzeitig startet trotz blumiger Ankündigungen im Wetterbericht das “erste echte Frühlingswochenende” mit Nieselregen. Es sind Gründe wie diese, die in mir die Entscheidung reifen ließen, es endlich anzupacken. Während ich einen weiteren missmutigen Blick aus dem Fenster warf und mir gleichzeitig den Bauch kraulte, kam ich mit mir überein: “Am Freitag Nachmittag muss es sein” – ich werde heute meinen NSLU2 mit einer neuen Firmware versehen, um anschließend nen Media-Server zu installieren. Das alles ist verbunden mit einem Schritt in eine andere digitale Welt, sozusagen mit einem Gang durchs Stargate dorthin, wo Pyramiden fliegen können.
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Cicero in Finnland
Roger Cicero vertritt Deutschland beim Eurovision Song Contest 2007. Mit dem Swing-Lied “Frauen regier’n die Welt” gewann er soeben die Telefonabstimmung. Bigband-Klang mit deutschen Texten, das bedeutet auch, dass Deutschland nach Texas Lightning im vergangenen Jahr wieder einen Teilnehmer aus einer musikalischen Nische ins Rennen schickt (wenn auch der Swing in den vergangenen Jahren Dank Herrn Williams ja eine kleine Blüte erlebte).
Die Wahl ist ganz gut. Ich glaube Heinz Rudolf Kunzes Symbolik mit schwarz-rot-goldenem Himmel und dergleichen wäre bei vielen Zuschauern in ganz Europa wohl nicht so ganz gut angekommen. Monrose wiederum sahen ganz bezaubernd aus (regieren ja auch die Welt), hatten aber leichte akustische Schwächen.
Insofern: Viel Glück für Herrn Cicero im Mai in Helsinki.