“Jetzt gehts weiter mit (Fügen-Sie-eine-beliebigen-Pop-Rock-Elektro-oder-sonstwas-Song-aus-den-Charts-oder-anderen-Listen-hier-ein).” Das macht der Moderator des Webradios, das ich gerade höre, nun schon seit einer halben Stunde. Es ist ein weiterer Beweis dafür, dass das gar nicht so einfach ist mit dem Radio machen. Ich versuche, das nicht so klingen zu lassen, als säße ich auf dem hohen Ross und hätte Vergnügen daran, mich über Hobby-Radio-Leute lustig zu machen. Viele Webradios kommen aber übers Musik-Spielen nicht hinaus. Und selbst das Ankündigen von Titeln wirkt unbeholfen. Das ist vielen Stammhörern aber egal. Denen sind andere Dinge wichtig. Ein hübscher Chat zum Beispiel, in dem man sich parallel zum Programm vor allem gegenseitig mit bunt blinkenden Grafiken bewerfen kann.
Für mich ist das nichts. Ich verstehe auch nicht, warum manches Webradio einen hochauflösenden Video-Stream bracht, in dem man der Person am Mikrofon beim Rauchen zusehen kann – und wie sie an einem viel zu kleinen unbequemen Baumarktschreibtisch sitzt, im Hintergrund ne blau geplosterte Couch und eine welke Topfpflanze auf dem gekachelten Tisch davor.
Während ich so den “Chat-verlassen”-Knopf suchte und in dem Gewimmel auch schließlich fand, fiel mir Radio Plusquamperfekt wieder ein. Kein Chat, keine Cam, kein blinkendes, quietschendes Layout. Aber auch kein einziges gesprochenes Wort. Damit kann man es eigentlich nicht mehr Radio nennen, wohl eher Musikabspielstation. Aber die Idee zur Musik-Auswahl ist gut: Musik von vorgestern. Das ist vor allem etwas vollkommen anderes als die dreitausendste Hitradio-Kopie und dabei noch gut eingestellter Klang.