Besen als Löffel

In einigen Büros sind Löffel out und kleine Schneebesen absolut in. Und die haben sogar einen Vorteil.

“So rührt man jetzt um”, sagte man mir, weil ich wohl eindeutig verdutzt dreinblickte. Für die Besprechung am Mittag lag neben der Kaffeetasse nämlich kein handelsüblicher Löffel, sondern vielmehr ein kleiner Schneebesen wie aus der Puppenküche. Jeder bekam einen. Die metallenen Utensilien gehören angesichts der Gebrauchsspuren an Griff und Besen ganz offensichtlich zur Standardausrüstung im Büro.

Nun gut, so nahm ich denn ergeben den kleinen Besen und verwirbelte das Milchpulver in der Tasse. Einen Zeit-, Aromen- oder Coolness-Vorteil konnte ich nicht feststellen. Allerdings auch keine Nachteile. Vielleicht war der Besen auch nötig, weil der Kaffee “ganz schön nördlich” war (um hier mal meine Oma zu zitieren, die kräftig angerührten, starken Kaffee gern mit den grimmigen klimatischen Bedingungen des Nordens assoziierte. Mit fortschreitendem Alter und damit verbundener gesundheitlicher pedantischer Sensibilität, was möglicherweise schädliche Einflüsse auf denen eigenen Körper anging,  war es schließlich soweit, dass meine Großmutter selbst entkoffeinierten, hellbraunen Kaffee, durch den man den Boden der Tasse erkennen konnte, für zu nördlich befand… aber das ist eine andere Geschichte. Der Begriff “nördlich” im Zusammenhang mit Kaffee ist in der Familie jedenfalls verbraucht).

Aber halt! Einen Vorteil gibt es doch. Mit diesem Ding wird auch der letzte Stoffel gar nicht erst versuchen, Zucker aus dem Topf zu schaufeln. Es gibt schließlich wenig Abstoßenderes, als sein Gegenüber dabei zu beobachten, wie es erst den eigenen Kaffeelöffel ableckt, um dann genau damit eine weitere Schippe Zucker aus der Dose zu schaufeln.

Wie auch immer. Es ist mir gelungen, den Kaffee fehlerfrei auch mit einem Schneebesen umzurühren. Außerdem erwarte ich nun die nächste Eskalationsstufe: Handrührgeräte, Innenbordmotoren am Becherrand oder ein Kaffeetassen-Jacuzzi…

Autor: Christian

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Ein Gedanke zu „Besen als Löffel“

  1. Es gibt schließlich wenig Abstoßenderes, als sein Gegenüber dabei zu beobachten, wie es erst den eigenen Kaffeelöffel ableckt, um dann genau damit eine weitere Schippe Zucker aus der Dose zu schaufeln.

    Huhu, genau das wird der Grund sein. Dem könnte man ja eigentlich entgehen, indem grundsätzlich zum eigenen Löffel auf der Tasse noch ein Zuckerlöffel (beim richtigen weicht die Form vom Kaffelöffel ab) in der Dose steckt, funtioniert eigentlich ganz gut. Aber so gedankenverloren wie manche automatisch den Löffel ablecken, als wollte man keine Spuren auf der Untertasse hinterlassen, klappt auch das nicht immer … Ich kenne dann noch die Frage: Isst noch jemand Honig oder Marmelade? Nein? Dann kann ich den Löffel ja ablecken – aber das geht nur in family und auch nur beim Brotaufstrich.
    Hatte man nicht auch schon die (oft unausgesprochene) Frage: Wo ist denn eigentlich die Aufschnittgabel, aha, er oder sie isst damit weiter … Mit fällt nur gerade dazu alternativ nichts anderes ein, es sei denn man benutzt immer nur die mit den zwei Zinken und hat nicht gerade nur Leute am Tisch, die von solchem Zusatzbesteck noch nie was gehört haben, aber das ist wieder ein anderes Thema.
    Und gerade denke ich, hoffentlich gehts bei euch nur ehrlich zu und die kleinen Schneebesen verschwinden nicht nach und nach in irgendeinem kleinen Kaufladen oder der Puppenküche …

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