“Wo ist eigentlich mein USB-Stick?” fragte die Buchhändlerin meines besonderen Vertrauens vor einigen Tagen und fügte klagend hinzu: “Ich habe schon überall gesucht!” Dazu muss man wissen, dass der Speicherstift zuletzt an meinem Rechner gesehen wurde, als wir gerade eine Hausarbeit darauf speicherten. Dann gab es noch eine kurze Sichtung am Kassentresen im Buchladen. Seitdem fehlte von dem kleinen, schwarzen Riegel jede Spur. Damals hatte ich den Stick seiner Eigentümerin zurückgegeben, als ich sie kurz mitten im Verkaufstrubel aufgesucht hatte.
“Ich habe schon alle Rucksäche durchwühlt. Und Taschen. Und Jacken. Und Jackentaschen!”, zählte die Buchhändlerin auf. Selbstverständlich habe ich keinen blassen Schimmer, wo Buchhändlerinnen, und ganz besonders diese, ihre Speichermedien so zu verwahren pflegen. Ich ahnte allerdings, dass es dafür – wenn überhaupt – nur eine höchst unpraktische Systematik gibt. Wir arbeiten seit Jahren an einem ganz ähnlichen Problem mit Haustür- und Wohnungsschlüsseln… Sie verstehen.
So sagte ich also, einfach nur, weil mir nichts besseres einfiel: “Und hast du auch in dem kleinen Lederrucksack nachgesehen, den du manchmal benutzt?” – “Also da ist der USB-Stick nun wirklich ganz bestimmt nicht drin”, gab man mir barsch zurück. An dieser Stelle ist klar, wie die Geschichte ausgeht. Ich möchte trotzdem noch ein bisschen weiter erzählen, weil dies eine wunderbare Möglichkeit ist, meinen wenn auch späten Triumph auszukosten.
“Wann soll ich ihn denn da reingetan haben?”, fragte mich die Buchhändlerin des besonderen Vertrauens in einem Tonfall, den ich als giftgrün umschreiben möchte. Wäre diese Frage ein Lebensmittel jenseits des Mindesthaltbarkeitsdatums gewesen, so hätte sie zwar nicht zum Tode, aber wohl doch zu quälendem Bauchgrimmen geführt. “Warum soll er denn da nicht sein?” war alles, was mir als Antwort einfiel. Schließlich würde es ja höchstens zehn Sekunden dauern, meine Theorie zu veri- oder falsifizieren. Wäre dieser Dialog nicht am Telefon verlaufen, hätte ich natürlich sofort selbst an der Garderobe mit bebenden Fingern hastig den Lederrucksack aufgefummelt, wäre mit der ganze Hand hineingefahren und hätte wenig später in Siegerpose den Stick am ausgestreckten Arm ins kalte Licht der Flurbeleuchtung emporgerissen – umglänzt von einer Aura des bescheidenen Siegers, angehimmelt von der Buchhändlerin, weil ich USB-Stick-Probleme so herrlich schnell und zielgerichtet lösen kann.
“Was musst du mir den Stick auch ausgerechnet im Laden wiedergeben. Ne unpasssendere Gelegenheit gibts ja wohl auch nicht”, schimpfte mich stattdessen die Telefonmuschel und sie klang dabei wie die aufgebrachte Stimme meiner Buchhändlerin. “Echt jetzt!” Setzte es noch nach. Damit war klar, dass ich verantwortlich war für das Verschwinden eines USB-Sticks, der sich zum Zeitpunkt seines Verschwindens gar nicht mehr in meiner Verfügungsgewalt befunden hatte. Eine paradoxe Situation, wenn man bedenkt, dass ich zum Zeitpunkt der Anklage schon ahnte, wo sich das fragliche Gerät befindet und man mir einfach nicht glauben wollte. So aus Prinzip. Weil nicht sein kann, was, nicht sein darf. So! (An dieser Stelle sehe ich die Buchhänderlin geradezu vor mir, wie sie die Arme verschränkt, einmal energisch nickt und dann das Kinn keck nach oben reckt und die Stirn in Falten legt.)
Das wird so etwa vor einer Woche gewesen sein. Nun trug es sich zu, dass sich die Wogen längst geglättet hatten, aber ich hatte nun also auch noch einen USB-Stick auf dem Kerbholz. Soeben sprachen wir – wieder am Telefon – noch einmal über das mysteriöse Verschwinden des Datenträgers. “Hast Du denn schon in dem kleinen Rucksack…?”, hob ich an. “Was soll das?”, wurde ich unterbrochen. “Schau doch einfach mal nach”, sagte ich tapfer. “Es könnte doch – aus Gründen, die sich uns beiden nicht erschließen – durchaus möglich sein, dass dein USB-Stick im Lederrucksack steckt. Ebenso könnte es sein, dass er dort nicht liegt. Aber schau doch einfach mal nach.”
Jedenfalls hat sie dann nachgesehen und gelacht. Immer nur gelacht. Und mich dann gefragt, wann ich denn den USB-Stick da nun reingesteckt habe, in ihren Lederrucksack. Hatte ich ja gar nicht. Ich weiß es wirklich nicht – ich bin mir bloß sehr sicher, dass ich es nicht war, der den Riegel in den Rucksack gesteckt hat. Der Anklagepunkt wurde aus Mangel an Beweisen dann auch nach wenigen Sekunden fallen gelassen. Ich warte nun auf die nächste Runde: Warum ich nicht früher energischer darauf bestanden habe, dass die Buchhändlerin meines wirklich ganz speziellen Vertrauens endlich mal in diesem dusseligen Lederbeutel nachsieht….
Wir sind jetzt jedenfalls beide stick-matisiert.
Ich möchte auch so einen kleinen Lederrucksack!!! Zumindest, wenn er seine Zauber-Wirkung auch in Hinblick auf verschwundene Schlüssel, Regenschirme und Haarspangen entfalten sollte…
Verständlich. Ich bin sicher, dass dieser Lederrucksack auch mit Schlüsseln, Schirmen und Spangen funktioniert, wahrscheinlich sogar mit Stiften, Stulpen und Schminkbedarf. Man muss eben nur rechtzeitig einen Blick reinwerfen in diese Wundertüte.
männer können besser suchen.
ich sage es frei raus, es ist so!
ist so eine stickmatisierung ohne professionelle hilfe zu lösen?
Ist das wirklich so, dass Männer besser suchen können? Na, ich weiß nicht … Eigentlich muss man ja nur logisch denken und immerhin heißt es die Logik !!!