Donnerwetter, das ist doch mal ein beeindruckender Vorsprung… möglicherweise: “Sie haben entschieden: Max Bahr hat die zufriedensten Kunden”, steht auf dem Baumarkt-Prospekt aus dem Anzeigenblättchen. Und der Vorsprung gegenüber der Konkurrenz muss ja gewaltig sein, wenn man sich mal die illustrierende Grafik anschaut:
Nun ja. Aufrichtig, wie Werbetreibende nun mal sind, veröffentlichen Sie auch die Daten und die Quelle für die Behauptung, dass Bahr ganz vorn liege bei der Kundenzufriedenheit.
Die Aussage fußt auf der Kundenmonitor-Studie 2010. Für die Branche der Bau- und Heimwerkermärkte haben die Autoren der repräsentativen Erhebung festgestellt, dass Kunden aller erfassten Geschäfte dieser Art im Durchschnitt einen Zufriedenheitswert von 2,48 angeben. Die Skala reicht von “vollkommen zufrieden” (gleich 1,0) bis unzufrieden (5,0). Max Bahr liegt demzufolge und wenn man alle Einzelaspekte zusammenfasst über dem Durchschnitt: Und zwar mit einem Wert von 2,31.
Jetzt kommt das langgezogene Aaaaaber: Der Anbieter “Globus Baumarkt” kommt bei der Kundenzufriedenheit auf exakt denselben Wert: 2,31. Und “Hornbach” landet mit einer 2,32 und einer Veränderung lediglich an der zweiten
Nachkommastelle auf Platz 3. So steht es auch in der Tabelle neben der blau-gelben Siegertreppchen-Balkengrafik.
“Bauhaus” schafft in der repräsentativen Erhebung mit insgesamt fast 6000 Befragten eine 2,38 im Branchendurchschnitt bei der “Globalzufriedenheit”. Es scheint ein unglaublich spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen gegeben zu haben. Ein Foto-Finish wie beim Pferderennen. Aber Moment, was bedeuten eigentlich die beiden Sternchen hinter dem Wert beim vermeintlichen Tabellenführer: Ach so…
Zusammengefasst: “Max Bahr” hat die zufriedensten Kunden, aber nicht allein. Mindestens drei andere Heimwerkermarkt-Ketten haben Kunden, die genau so zufrieden sind wie die, die beim blau-gelben oder gelb-blauen Händler Schleifpapier und Wandfarbe einkaufen. Minimale Unterschiede im Zufriedenheitswert sind den Studien-Autoren zufolge nicht signifikant. Für die grafische Umsetzung dieser Aussage würde das bedeuten, dass es aufrichtig gewesen wäre, drei gleich hohe Balken zu drucken – oder gar keinen.
Aber dann hätte man ja eigentlich auch dazuschreiben müssen, dass die Kunden der Studie zufolge das Preis-Leistungsverhältnis bei “Bahr” ein wenig schlechter beurteilen (2,66) als bei “Globus” (2,52) und “Hornbach” (2,53) – aber auch das sind ja nur Nachkomma-Petitessen.
Die Tatsache, dass auf der Titelseite des Werbeprospekts überhaupt die genauen Daten angegeben wurden, hängt mit den Werberichtlinien der Studie zusammen: Darin heißt es unter anderem:
Die Untersuchungsergebnisse des Kundenmonitor Deutschland sollen Unternehmen und Verbrauchern Benchmarking- bzw. Leistungsvergleiche einzelner Branchen und Anbieter ermöglichen. Dieses Bemühen wird durchkreuzt, wenn die Untersuchungsergebnisse in werblichen Aussagen oder Presseveröffentlichungen dazu verwendet werden, einen Eindruck von der Über- bzw. Unterlegenheit einzelner Produkte, Leistungen oder Anbieter zu vermitteln, der durch die veröffentlichten Untersuchungsergebnisse nicht gerechtfertigt ist.
Deshalb dürften die Werbenden die Aussagen des Kundenmonitor Deutschland auch nicht in eigenen Worten umschreiben. Von eigenen grafischen Umsetzungen steht dort allerdings nichts.
Der Kundenmonitor ist eine kommerzielle Studie. Die Daten werden seit 1992 erhoben. Das Unternehmen ServiceBarometer AG befragt telefonisch tausende Verbraucher, in welchen Unternehmen sie in den zurückliegenden zwölf Monaten etwas gekauft haben. Danach folgen spezifische Fragen zum persönlich genutzten Unternehmen. Daraus ergeben sich jede Menge Einzelwerte über die Kundenzufriedenheit angefangen von Parkmöglichkeiten bis zur Erreichbarkeit von Fachverkäufern. Die am häufigsten genannten Anbieter in jeder Branche finden Eingang in die Studie. Die detaillierten Ergebnisse bietet das Unternehmen dann wiederum den Firmen zum Kauf an.
EDIT 21:00 – Ach, und nun raten Sie mal, wie “Globus Baumarkt” die Befragungsergebnisse auslegt:
Die GLOBUS Baumärkte wurden von ca. 6.000 Kunden zum 13.ten Mal zum kundenfreundlichsten Baumarktunternehmen in Deutschland gewählt.
Bemerkenswert an dieser Formulierung ist unter anderem, dass nicht das kundenfreundlichste Baumarktunternehmen gibt, sondern, dass es mindestens zwei gibt, weil es ja keine signifikanten Unterschiede gibt. Und eine Casting-Show wie Deutschland sucht den Super-Baumarkt gab es ja auch nicht. Insofern hat auch kein einizger Kunde irgendwo gewählt und “Globus”, “Bahr” oder “Praktiker” angekreuzt. Die Teilnehmer haben Fragen beantwortet, aus deren Antworten unter anderem Mittelwerte abgeleitet wurden.
Ein Gedanke zu „Null-Vorsprung“
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