Gerade eben im Supermarkt

Weil ich ja heute und in den kommenden sieben Wochen dringend Ersatz für lieb gewonnene Genussmittel benötige, habe ich dem Gemischtwarenladen mit Selbstbedienung soeben einen Besuch abgestattet. Mir war bewusst und in Erinnerung, dass man drumherum merkwürdige Sachen erleben darf. Dass es aber drinnen ähnlich kurios und unterhaltsam zugehen kann, möchte ich versuchen, im Folgenden anhand von drei Beispielen zu belegen, die sich während meines gut halbstündigen Aufenthalts zwischen Gemüse-Auslage, Brot-Sortiment und Milch-Regal abspielten.

Beobachtung 1: Erst konsumieren, dann zahlen

In der Nähe des Käseregals. Während ich milde gestimmt meinen Blick über Gouda, körnigen Frischkäse und Esrom wandern ließ, nahm ich aus dem Augenwinkel wahr, wie eine junge Frau, gerade mit spitzem Mund schluckte und eine große Wasserflasche absetzte. Sie kam gerade aus dem Gang mit den Getränken geschlendert. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff: Das Wasserflaschensortiment als Selbstbedienungsbar, so hat die Gute wohl das Angebot im Sechserträger verstanden. Warum noch bis nach der Kasse warten, ich will’s ja kaufen. Eindrucksvoller kann man eine Kaufabsicht eigentlich nicht unterstreichen. „Gerade eben im Supermarkt“ weiterlesen

Entsagungen und Entbehrungen

Wieder mal Mittwoch, aber nicht irgendeiner: Aschermittwoch. Ich habe einen einsamen, wohl aber schweren Entschluss gefasst. Zur Feier das Tages, dass man ab dem heutigen Aschermittwoch endlich wieder ein paar Monate Ruhe hat vor den Närrinnen und Narren hat und weil heute die Fastenzeit beginnt, möchte ich nicht abseits stehen. Ich reihe mich ein in die Menge der Tapferen, die sieben Wochen auf etwas Angenehmes verzichten. Ich habe beschlossen, dem süßen Leben zu entsagen – bis Ostern. Lassen Sie es mich so zusammenfassen: Viel Gemüse, wenig Naschi. Also: Schwarzbrot statt Käsebrötchen, Salatschale statt Puddingteller, Tee statt Cappuccino, Obst statt Ritter Sport, Knäckebrot statt Erdnussflips. Sofern ich in den kommenden Wochen noch genug Kraft habe, werde ich meine Erfahrungen hier gerne veröffentlichen.

Routine am Rügendamm

Am ersten Tag gab es noch dicke Staus auf der einzigen Landverbindung von und zur Insel Rügen. Von 4 Stunden Wartezeit ist jetzt allerdings keine Rede mehr. Die Bundeswehrsoldaten in Schutzanzügen und mit Atemmasken winken die Autos langsam aber beständig durch, damit die Wagen über die Matte fahren können, die mit Desinfektionsmittel getränkt ist.

So sieht das aus (während der Fahrt aufgenommen, deshalb leider leicht verwackelt). Da, wo gerade der Volvo bremst, liegen die Matten:

Dekontaminationsstelle der Bundeswehr am Rügendamm

München

Bevor mein Urlaub morgen Vogelgrippe-bedingt vorzeitig beendet sein wird, hier ein kurzer Rückblick auf ein Wochenende in der allem Anschein nach H5N1-freien Zone, wo Laptop und Lederhose das Bild bestimmen: München. Sechseinhalb Stunden Fahrt brachten uns am Freitag in die Hauptstadt des Freistaates Bayern.

Erster Termin: Einchecken im Best Western an der Dachauer Straße. Es sollte sich herausstellen, dass das Best Western wohl doch besser den Namen Average Western oder so verdient hätte. Oder anders: Wenn unser Hotel sich schon die Bezeichnung “Best” gibt, dann wollen wir nicht wissen, wie es in den “durchschnittlichen” Western-Hotels aussieht. Nun gut, ich will das nicht überbewerten, dieser Aspekt ist sowieso ein Beitrag zur Rubrik “Jammern auf hohem Niveau”, soll aber nicht unerwähnt bleiben.

Zimmer 404 überraschte uns mit einer kleinen Küchenzeile hinter Schranktüren: Mikrowelle, Herd und Kühlschrank standen bereit. Sogar Geschirr gab es – und genau das hatte vor Jahr und Tag mal jemand benutzt und dann einfach wieder in den Schrank gestellt. In einer Kaffeetasse waren die restlichen Tropfen der braunen Brühe zu klebrig anmutenden Pickeln vergoren. So werden sie da schon mehrere Monate, wenn nicht gar Jahre, in der Tasse gelebt haben.

Es klingelte: Vor der Tür ein Klempner mit schwerem Werkzeugkoffer, blauem Overall und wirrem Rest-Haar. Er bedauere die Störung, aber es sei nun an der Zeit, die Wasserhähne am Waschbecken und in der Dusche zu kontrollieren. Das sei nötig, weil irgendetwas mit den Leitungen umgestellt worden sei. Deshalb blubbere nun ganz viel Dreck durch die Rohre, der sich in den Sieben am Wasserhahn sammelt. Während der ebenso leut- wie redselige Installateur seinem Tagwerk nachging, erklärte er uns den Arbeitsaufwand: 188 Zimmer müssten kontrolliert werden, an einem Tag, da müsse man notfalls auch leider mal Gäste stören. Nach gefühlten zehn Minuten zückte er die Liste mit Zimmernummern. Wir bedankten uns für die ausführlichen Erläuterungen, verzichteten aber auf weitere Details. “Für ihre Geduld spendiere ich Ihnen einen neuen Duschkopf”, sagte der Blaumann, nachdem er eigentlich schon alles ganz genau kontrolliert hatte, stieg noch einmal in die Dusche und schraubte gönnerhaft eine neue Brause an den Schlauch. Dann ging er. „München“ weiterlesen

Vogelgrippe-Einsatz II.

Heute um 5.00 Uhr auf Rügen gewesen. Mit dem Ü-Wagen in Schaprode mit Techniker und noch einem Kollegen.

  • Live-Gespräche mit hr-info, WDR2 und dem Info-Radio vom RBB.
  • O-Töne von einem Fachmann des Naturparks Vorpommersche Boddenlandschaft.
  • Mittagszusammenfassung als ARD-Lang-Sammel
  • Reportage aus einem Kindergarten in der Überwachungszone: Die Kleinen lernen, dass Vogelkadaver und Federn nicht mehr angefasst werden dürfen.
  • Aufsager Nachrichten NDR1 Radio MV
  • O-Ton Nachrichten NDR1 Radio MV
  • Korrespondenten-Gespräch L1ve (WDR)
  • ARD-Kurz-Sammel
  • ARD-Lang-Sammel
  • Jetzt bin ich ganz schön erledigt. Es ist 19:51 Uhr.

    Was für ein geiler Tag!

    Morgen is Urlaub!

    Vogelgrippe-Einsatz

    Was für ein Arbeitstag. Nur schnell im Telegrammstil:
    Ab 13 Uhr auf Rügen, Ü-Wagen am Fundort der Schwäne, die mit dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 infiziert waren:
    Live-Gespräch Bremen 4, Korrespondentengespräch mit l1ve (WDR), ARD-Sammelangebot lang.
    Dann noch dieses Foto gemacht:
    Toter Schwan auf dem Eis in einer Bucht von Rügen
    Das Bild zeigt einen der toten Schwäne, die am Anleger der Wittower Fähre auf Rügen auf dem Eis der Ostsee liegen. Am Ufer gabe es einen regelrechten Medienanstrum: Fernsehteams und Radioreporter sowie Fotografen waren seit den frühen Morgenstunden dort im Einsatz. Auf dem Fels im Bild liegen Mikrofonund Kabel eine dänischen Fernsehteams.
    Rund 100 tote Vögel haben Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Tierärzte heute auf der Ostseeinsel eingesammelt. Nach der Nachricht von zwei mit der Vogelgrippe infizierten Schwänen wurde am Nachmittag bekannt, dass auch ein Habicht mit der Tierseuche infiziert worden ist und daran gestorben ist.
    Die Behörden haben Sicherheitsmaßnahmen angeordnet: Im Umkreis um die Fundorte darf ein Geflügel mehr transportiert werden. Die Tiere dürfen nicht mehr im Freien bleiben. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass die Erreger von den Wildvögeln auf Zuchttiere überspringen.
    Wie sich die Schwäne infiziert haben, ist unklar. Eine Vermutung ist, dass die Tiere aus dem Baltikum oder Russland stammen und von dort vor den eisigen Minusgraden in vergleichsweise wärmere Regionen wie den Raum Rügen gezogen sind.
    Die Lage sei ernst, aber es geben keinen grund zur Panik, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer. Am Donnerstag sollen die endgültigen Untersuchungsergebnisse der Schwäne vorliegen.

    Ich muss ab 5:30 wieder am Ü-Wagen auf Rügen sein. Gute Nacht. Bleiben Sie von den Vögeln fern.
    Die Musik des Tages (“Karat – Wenn eine Schwan singt”) entfällt aus technischen Gründen.

    Vogelgrippe in Deutschland

    Der Verdacht hat sich bestätigt: Die toten Schwäne von Rügen waren mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 infiziert. Das sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Kurth, soeben im Morgenmagazin des ZDF. Fachleute hatten Gewebeproben der toten Vögel in der Nacht weiteren Test unterzogen.
    «Wir können sicher sein, dass diese Tiere den auch für Menschen gefährlichen Vogelgrippeerreger des Typs H5N1 haben», sagte Kurth. Urlauber hatten die Tiere in der vergangenen Woche auf Rügen gefunden. Die Kadaver sind im Eis im Hafen von Wittow eingefroren. Einem Bericht des ARD-Hörfunks zufolge ringe dort ein weiterer Schwan mit dem Tod.
    Die Landestierärztin von Mecklenbugr-Vorpommern, Maria Dayen, sagte, im Radius von 10 Kilometern rund um den Fundort würden jetzt Geflügelbetriebe kontrolliert. Sie werden klinisch untersucht, um herauszufinden, ob sich bereits Nutztiere angesteckt haben. Im Umkreis von 3 Kilometern dürfe kein Geflügel mehr transportiert werden.
    Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) rief die Geflügelhalter zu besonderer Vorsicht auf. Bundes-Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hat angeordnet, dass zum Schutz vor der Vogelgrippe bereits ab Freitag deutsches Nutz-Geflügel nur noch im Stall gehalten und nicht mehr ins Freie gelassen werden darf.

    Post an Wagner

    Franz Josef Wagner schreibt jeden Tag auf Seite 2 der Bild eine Kolumne, die “Post von Wagner” heißt und mit denen der Autor den Empfängern wahlweise ins Gewissen redet, sie öffentlich demütigt oder sonstwie zur Schau stellt. Heute widmet er sich dem dynamischen Olympiaduo, Waldemar Schmidt und Harald Schmidt. Das ist die Gelegenheit für eine Replik, bei der nur ein paar Wörter – die kursiven – ausgetauscht und der erste Absatz weggelassen werden müssen:

    Lieber Herr Wagner,
    (…)
    Ich habe nun ihre Kolumne schon öfter gelesen. Ich konnte nicht aufhören. Ich wollte die ganze Zeitung aus dem Fenster schmeißen. Was für Verallgemeinerungen musste ich lesen. Wagner als Moralapostel im Dauereinsatz, als Besserwisser auf Seite 2. Und Wagner scheinheilig anteilsvoll zu den Eltern der Leipziger Irakgeiseln: “Ich frage mich, warum die Eltern dieser Söhne alleine weinen müssen.”
    Es gibt Zeitungen, bei denen man sich schämt, dass man Augen hat.
    Bitte, bitte, hören Sie auf. Es ist besser, den Schwanz einzukneifen und sich wegzuschleichen, als Idiot für immer zu sein. Das Konzept stimmt nicht. Tagesgeschehen und Platitüden sind so falsch wie (sic!) Lachen beim Sex. Kein Grimmepreis für Wagner, allerletzer Platz. Und allerletzte Frage: Gehen Sie betrunken ans Schreiben?
    Herzlichst,
    Ihr
    Christian Kohlhof

    Layer-Seuche

    Sie sind eine Seuche, ja, sprechen wir es ruhig einmal offen aus: Seuche. Die Nachfolger der Werbepopups im Internet. Wenn die aufklickenden Browserfenster mit Casinowerbung die Schuppenflechte des Internets sind, dann sind Layer online-Lippenherpes. Und das kam so: Weil immer mehr Browser von Haus aus gut funktionierende Werbeblocker mitbringen, bleiben die Werbepopus zu. Die kaufmännisch vollkommen richtige Entscheidung der Werbetreibenden: Neue Mittel und Wege finden, die bunten Botschaften an den Mann zu bringen. So wie die Zettel-Boys, die nahezu täglich bunte Schnipsel mit Telefonnummern an Autotüren und Scheibenwischer klemmen in der Annahme, man wolle ausgerechnet ihrem Boss das eigene Auto für den Export verkaufen, haben die Online-Boys eine derzeit recht hartnäckige Variante entwickelt: Für die Werbebilder geht kein eigenes Fenster auf, sondern das Bild legt sich, gewissermaßen als Teil der eigentlichen Seite, wie eine Folie darüber. Bildschirmfüllend wie sonstwas. Für gewöhnlich sucht man dann ein kleines X irgendwo in der Grafik, mit der man sie abschalten kann. Das dauert, man muss das Ding doch genauer ansehen – es kostet Zeit, und es ist lästig. Wie schön, wenn es tatsächlich ein x gibt. Offensichtlich ist diese Layer-Terror-Seuche aber noch nicht mit allen Browsern oder Auflösungen oder was weiß ich denn kompatibel. Wie neulich schon ein E-Plus-Layer, ist es diesmal ein orangenes Quadrat von Easy-Jet, das den Blick auf handelsblatt.de nachhaltig verwehrt. Kein X, nix.

    layer_seuche.jpg

    Riesensauerei. Wenn irgendwelche Konzerne schon so nett sind, durch Werbegeld Internetauftritte zu finanzieren, dann können sie es doch bitte so anstellen, dass man es nach gnädiger Lektüre von vielleicht 13 Millisekunden einfach weg-xen kann. Aber nein.