Radio ist bloß der beste Lala-Mix von gestern und heute mit mehr Musik und ebensolcher Abwechslung ohne Unterbrechung? Nun ja… auch, um nicht zu sagen: Vor allem. Die Entwicklung vieler Radiostationen lässt diesen Schluss zu. Vor allem, wenn sich vermeintliche redaktionelle Kompetenz ausschließlich auf zugekaufte Kurznachrichten, das Vorlesen von Temperaturen und das Nennen von Radarfallen beschränkt. Aber jeder kann und darf ja selbst entscheiden, was er hört.
Dabei gibt es im Radio so viel anderes zu hören. Man muss es nur finden oder wissen, wo es interessante Reportagen, Feature, Specials, Interviews und Berichte gibt. Das können knackige 90-Sekünder sein, sind in vielen Fällen aber wohl auch längere Stücke. Weil ich berufsbedingt besonders viel Radio höre, habe ich beschlossen, hier auf Gehörtes und zu Hörendes hinzuweisen, also auf das, was mir gefallen hat und Sendungen, von denen ich mir einiges verspreche.
Den Anfang macht ein Rückblick auf den Deutschlandfunk vom Wochenende. Am Sonntag lief dort das Feature “Froschkonzert in Moll – was tun, wenn die Amphibien gehen?” (nachzulesen und -zuhören bei dradio.de). Es geht darum, dass ein Drittel aller Frösche, Unken, Kröten und wie sie alle heißen vom Aussterben bedroht sind, weil ihnen nicht nur Treibhausgase und Klimawandel zu schaffen machen, sondern sie obendrein noch von einem fiesen Pilz namens Chytrid gepiesakt werden.
Der Beitrag beginnt mit dem Verschwinden der Goldkröten, was vom Begriff her schon ein echter Anreiz zum Weiterhören sein kann. Es folgt eine Szene, bei der der Hörer Wissenschaftler in der Schweiz auf der Froschsuche begleitet und mit ihnen durch Morast, hüfthohes Gras und am Rand von dunklen Tümpeln entlangwandert. Auftakt zu einer halben Stunden wissenschaftlichem Exkurs über die Bedrohungen für Salamander und Frösche. Das Thema lässt das nicht unbedingt vermuten, aber das alles war sehr spannend aufbereitet. Mit überraschenden Erkenntnissen. Zitat:
Neuseeländische Forscher haben im vergangenen Jahr entdeckt, dass eine Augensalbe Frösche resistent gegen den Pilz machen kann. Und Wissenschaftler in den USA haben herausgefunden, dass ein spezieller Bakterien-Mix auf der Amphibienhaut den Fröschen dabei hilft, Chytrid zu bekämpfen. Hoffnungsschimmer – aber nur im Labor. Wie sollen wildlebende Frösche im Regenwald mit einer Salbe behandelt werden?
Forscher planen deshalb, gezielt die Erbinformationen von aussterbenden Amphibienarten in Gen-Datenbanken zu konservieren. Für später einmal, wenn man schlauer ist. Allerdings machten die Froschforscher auch klar, dass derzeit wohl nicht genug unternommen wird, um dem Siechtum vieler Amphibien-Arten Einhalt zu gebieten.
Der Beitrag war die perfekte Mischung aus Information und Unterhaltung für eine Autofahrt in den Westen. Einzig die Frösche selbst waren kaum zu hören, wo sie doch so schön quaken. Aber vielleicht war das ja auch bloß ein erschütterndes Stilmittel von Autorin Marieke Degen u m zu unterstreichen, wie selten manche Frösche inzwischen schon zu finden sind.