Mich kennen, dich kennen

Nils Landgren aus Schweden ist einer der besten Posaunisten. Seine Jazz-Nummern sind unglaublich gut und funkig. Herr Landgren hat es geschafft, seine zeitlos gute Musik mit der ebenso zeitlos guten aber aus einem vollkommen anderen Bereich stammenden Musik von Abba zu kombinieren. “Funky Abba” heißt das Album, auf dem auch der deutsche Trompeter Till Bröner ein Gastspiel gibt. Heute: Nils Landgren: Knowing me, knowing you Die rote Posaune, dazu die groovende “Funk Unit”, Landgrens Band, die Melodien von Abba, dann noch ein paar Musikerfreunde. Das alles zusammen vier Tage lang in Stockholm in einem Studio einsperren. Und zwar nicht in irgendeiner Kaschemme, sondern im “Polar Studio A” – genau dort haben Abba ihre Songs produziert. Die Musik, die vor rund drei Jahren bei der Session mit Blechbläsern, Bass, Sprechgesang, Keyboards, Saxophonen und Schlagzeug herausgekommen ist, geht richtig nach vorn: Mal treibend, fordernd, raffiniert (“Voulez-vous”), mal lässig, leicht (“Thank you for the music”). Eine wirklich funkige Mischung aus anspruchsvollem, zeitgemäßem Cover und eigenen Arrangements, die manchmal an klassischen Big-Band-Sound und dann wieder an jazzige Jam- oder Blues-Sessions erinnert. Typisch für das ganze Album ist “Knowing me, knowing you”, bei dem auch Till Brönner mit reinhaut. Nach ersten Zweifeln, fand die Idee auch Benny Andersson, einer der Abba-Papas sozusagen, gut. Er spielt auf Funky Abba im Track Nummer 12 das Piano: Der Titel: When all is said and done. Bio- und Discographie Nils Landgren mit zwei Hörbeispielen Homepage von Nils Landgren

Casio-Mucke aus Palau

241 Inseln bilden die Republik Palau im Pazifischen Ozean. Die Hauptstadt heißt Koror, aber auf Ost-Babelthuap entsteht gerade eine neue Hauptstadt, weiß Wikipedai zu berichten. Man spricht dort Englisch, aber auch gerne mal Tobi oder Sonsorolesisch. 20.000 Einwohner gibt es dort. Einige von denen machen Musik, und die kann man weltweit hören, denn WWFM 89.5 Palau hat einen Internetstream. “Just imagine sitting near the water and listening to the swinging rhythms of Palauan music”, rät die Internetseite einen Palau-Fans. Man möchte beim Hören aber trotzdem nicht unbedingt gleich die Koffer packen und ans andere Ende der Welt ziehen – aber das kann viele Gründe haben. Eine mögliche Ursache wäre, dass die “swinging rhythms of Palauan music” so klingen, als bestünde die Ausstattung des Ton-Studios aus einem Casio-Keyboard und mehr nicht, während die Sänger, zumindest für unsere überheblichen westlichen Ohren, so klingen, als suche Palua immer wieder den Superstar (PSDS) und alle Bewohner werden einzeln und nacheinander gezwungen mitzumachen. Trotzdem, ein bisschen Kreuzfahrt-Feeling kommt natürlich auf. Unwillkürlich sieht man vor dem inneren Auge am weißen Strand vor blauem Meer Baströckchen wippen, strahlende Barkeeper Cocktails mixen und dann ist da noch Captain Merrill Stubing, wie er wieder mal nicht auf der Brücke vom Loveboat steht… So könnte es stundenlang weitergehen…. Eben wurde übrigens durchgesagt, dass morgen eine wichtige Einwohnerversammlung mit dem Gouverneur ist – alle sollen bitte pünktlich sein. Nun gut. Das sind hinreichende Gründe für diese sonntägliche Musikempfehlung einen Internetstreams: Heute: Live WWFM 89.5, Palau Hier ist der Stream für den MediaPlayer, allerdings mit gerade mal 20kbps (das ist rein rechnerisch ein Bit für jeden Einwohner…). … Ich war eigentlich schon fertig – und dann traute ich meinen Ohren kaum. Da lief eben die Palau-Version von … na? Von “Schuld war nur der Bossa Nova”. Weil’s sonst niemand glauben würde, habe ich mal schnell einen Mitschnitt gemacht. Da: [audio:palau_bossanova.mp3]

Kirsche mit Ü

1995, 26. November, Musik- und Kongresshalle. “Fury in The Slaughterhouse” sind zum Konzert gekommen. Als Vorband kam ein Mann auf die Bühne. Er hatte eine Stehlampe dabei, trung geringelte zu weite und zu kurze Stoffhosen, ne Strickmütze und begann sein Programm. Heute:

Kürsche: The same as being you

Der junge Mann wirkte wie ein Clown, rockte denn aber derart los, dass die Halle – meiner elf Jahre alten Erinnerung nach – richtig lostobte. Ein Deutschrocker mit englischen Texten und Entertainerqualitäten spielte eine Mischung aus Pop, Rock, Jazz und Folk. Seinen echten Namen möchte Kürsche nicht verraten. Is ja auch egal. In diesem Song jedenfalls, der vom 1997er-Album “I’m here” stammt, gehts zunächst auch mal ganz sutsche los. Nur Gitarre, ein bisschen Synthesizer, dann Schlagzeug und schließlich wieder Kürsche deutlich hörbar an der Klampfe. Eine rockige Liebeserklärung, die rummst.

Die Kürsche im Netz .

Triphop-Tipp: Top!

Vor zwei Tagen in der CD-Abteilung vom Elektronikmarkt. Natürlich gibt es Musik als Hintergrundberieselung. Ein Song fällt auf. Eine Frau singt mit leicht kratzender Stimme, dazu treibende Beats, Synthesizer, Streicher, Gitarren – das einzige Wort aus dem Text, das auf Anhieb zu verstehen ist, ist “Flashlights”. Keine Ahnung, welche Band das ist. Und der freundliche Mitarbeiter hat tatsächlich noch genau ein Album da (“die gehen heute weg wie warme Semmeln”). In der Rubrik “Musik des Tages” heue:

Röyksopp: What Else is There

Triphop heißt das Genre für diese mal fröhliche, mal mystische elektronische Musik. Ambient und Chill fällt mir dazu ein – so würde ich es nennen, aber ich habe ja keine Ahnung. Spätestens zum Bandnamen, da fällt wohl auch den Experten kaum noch etwas ein. Vielleicht denkt man unwillwürlich an Roy Black und wünscht sich dann mit Schaudern schnell andere Gedanken. Röyksopp ist ein normegisches Wort bezeichnet wohl einen seltenen Pilz.

Hinter dem Namen stecken zwei Jungs, die – so will es die Legende – schon in der Schule mit Keyboards, Samplern und Computern Musik gemacht haben, während der Rest der Schule auf Gitarren und Schlagzeuge eindrosch. Über Independent-Labels verkauften sie schließlich über 750.000 Stück ihres ersten Albums, waren unter anderem mit Moby auf Tour und steuerten für das Betriebssystem MacOS 10.3 (Jaguar) den Erkennungssound bei.

“What Else is There” klingt so, als würde man sowieso nie ganz dahinter kommen, worum es eigentlich geht. Und auch die Musik klingt auf faszinierende Art vertraut und geheimnisvoll zugleich, melodisch und neuartig. Das gilt für das gesamte Album “The Understanding”, dem “What Else is There” als Single entnommen wurde. Erholsam und fordernd zugleich.

Homepage der Band

Porträt bei laut.de

Eintrag bei Wikipedia.de

Prima, prima aus Dänemark!

Von unseren nördlichen Nachbarn sind in den zurückliegenden Wochen verhängnisvolle Botschaften in alle Welt gegangen. Karikaturen, unüberlegt gezeichnet auf der einen Seite, bewusst missverstanden, überbewertet und für Radikalen-Proteste instrumentalisiert, beherrschen seit Tagen die internationale Berichterstattung. Schlechtes dänisches Krisenmanagement im Innern und nach Außen und übertriebene Proteste von Islamisten sollen hier jetzt keine weitere Rolle spielen. Für die Musik des Tages verweise ich an diesem Sonntag gerne auf einen speziellen Internetstream von Danmarks Radio. Heute:

Danmarks Radio: DR Jazz

Smoothig, sophisticated, rauchig, abwechslungsreich: Jazz, Modern Jazz, Swing. Herrlich, ich mags. Und da erinnere ich mich gerne an einen Werbespot für Lakritz-Naschwerk aus Bonn, das hierzulande einst mit “Prima, prima aus Dänemark” beworben wurde. Den Prima Jazz gibt es hier im Stream.

Ach, übrigens

Gäbe es hier in der Sparte “Musik des Tages” eine Rubrik “Schnulzen”, müsste man sie gleich wieder umbenennen oder mit einem Zusatz versehen: “…, aber gute” könnte ich dazuschreiben. Denn so eine erlaube ich mir heute zu empfehlen. Eine musikalische Liebeserklärung. Heute

Van Morrison: Have I told you lately

Klavier und Streicher plätschern ganz sanft in den Song hinein, spielen ein bisschen in den oberen Oktaven sacht herum, und dann kommt Van Morrison fast wie zufällig nach dem Motto: “Ach, übrigens, was ich dir noch sagen wollte…” Was so beiläufig klingt, entpuppt sich als ebenso schlichtes wie überzeugendes Zeugnis absoluter Verehrung. “Hab ich dir schon gesagt, dass ich dich liebe?” Nein, ach, dann sag ichs einfach jetzt. “Füllst mein Herz mit Glück, nimmst all meine Trauer weg. linderst meine Sorgen.” Das ist nicht an irgenwen gerichtet, sondern ist wohl religiös gemeint. Der Song stammt vom Album Avalon Sunset aus demJahr 1989, das christliche Themen und Werte in den Mittelpunkt stellte. Und so ist dieser Song wohl eher ein Gebet zu Gott. Aber was für eins!

Alles im Fluss

Sonntag, da empfehle ich gerne mal wieder den Stream einer Radiostation. Meine Damen und Herren, wir schalten nach Connecticut, nach Hartford. Ich hoffe, dass die Leitung steht. Bitte machen Sie sich nun selbst ein Ohr von “Se-Riva,Wann-oh-Pfeiff-Point-Nein”:

Heute: The River 105.9

Begründung: Gerade eben haben Sie Joe Walsh gespielt – das ist typisch. Die Musik klingt nach Power und Abwechslung, nach Indian Summer und nach “Für alle Fälle Amy”. Letztere hat ihren Fernseh-Gerichtssaal und ihre ach so normale Verwandtschaft ja in Hartford. The River hält einen wach, wenn man ganz dringend über Nacht noch irgendetwas ganz Wichtiges am Computer fertig fummeln muss – so was wie Examensarbeiten, ganze Internetportale und Tabellenkalkulationen.
The River ist eine kommerzielle Station mit den typischen Gewinnspielen und betont lustigen Moderationen. Hierzulande bekommt man das nur in Verbindung mit den Superhits der 80er, 90er, 00er und dem besten von heute. The River macht durch die rockige Musik das Drumherum da schon viel erträglicher.

Den Stream gibt es hier

Pflanzen-Order

Nach einem wunderbaren Theaterabend in Schwerin mit einer musikalischen Inszenierung über das Schicksal der ersten, international erfolgreichen Boygroup aus Deutschland empfehle ich heute – vor allem wegen der genialen Texte:

Comedian Harmonists: Ich hab’ für dich ‘nen Blumentopf bestellt

Ich hab´ für dich ‘nen Blumentopf, ‘nen Blumentopf bestellt
und hoff´, daß dir der Blumentopf, der Blumentopf gefällt.
Es ist der schönste Blumentopf, der schönste auf der Welt,
drum gieß´ mir meinen Blumentopf, daß er sich lange hält.

Emil war der Lieb´ entflammt, vom Scheitel bis zur Sohle
und sein armes Herze brannt´,glühend wie ne Kohle.
Doch daß jemand Gold gebraucht, zu kaufen Nerz und Zobel,
er zu seiner Holden sprach, einfach aber nobel:

Ich hab´ für dich ‘nen Blumentopf, ‘nen Blumentopf bestellt…

Rosen und Nelken, alle Blumen welken.

Ich hab´ für dich ´en Blumentopp, ´nen Blumentopf bestellt…

Eines Abends, wutentbrannt vom Kopf bis zu der Zehe schrie die Holde:
Sei bedankt, lieber Freund, ich gehe! Und den Worten folgt die Tat,
Emil stand bekümmert und er wußt´ sich keinen Rat, hat bloß leis´ gewimmert :

Mein Schatz ist durchgegangen, aidaaa, mein Schatz ist durchgegangen,
aidaaa, behüt´ dich Gott, es wär´ so schön gewesen, behüt dich Gott.

Ich hab´ für dich ‘nen Blumentopf, ‘nen Blumentopf bestellt
und hoff´, daß dir der Blumentopf, der Blumentopf gefällt.
Es ist der schönste Blumentopf, der schönste auf der Welt,
drum gieß mir meinen Blumentopf, daß er sich lange hä-hä-hä-hä-hält.

Blinde Melone

Ein pummeliges Mädchen hüpft als Biene verkleidet über eine Blumenwiese. Dazu Gitarren und der leicht jaulige Gesang. Das war 1993 eines der interessantesten Videos auf MVT und Viva. Ein eingängiger, leichter Independent-Song, an dessen Singsang man sich erst gewöhnen musste. Gute Unterhaltung. Die Musik des Tages ist heute also:

Blind Melon: No Rain