Fury ganz chillig

Hannover, die Stadt der Expo-Millionen, der Butterkekse, der Ex-Kanzler. Trotzdem haben hier Musiker ihr Zuhause. Fury in the Slaughterhouse und Mousse T. unter anderem. Dank der sicheren Ohren und flinken Finger von Produzent T. kann ich heute zwei Musikprojekte mit nur einem Song empfehlen. Also:

Fury in the Slaughterhouse: Radio Orchid (Clubkarten Remix by Mousse T.)

Begründung: Mousse T. wandelt die recht depressive Stimmung des Songs durch chillige, coole, sanfte Elemente einerseits und durch Gospel-Chor-Elemente andererseits in eine der entspannendsten Nummern, die mein CD-Player je zu lesen bekam. Dazu der Gesang von Herrn Wingenfelder – einfach genial. Wenns hier Sterne für Qualität gäbe, ich würde dieser Produktion immer noch einen mehr geben als nötig. Der Remix ist mir bislang bloß auf einem Sampler von Saturn untergekommen – und auf der Single von 1993.

Linkes Spannungsfeld

Für die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit in Mecklenburg-Vorpommern ist Sonnabend, der 14. Januar 2006 ein wichtiger Tag. Es könnte schließlich sein, dass es einer ihrer letzten überhaupt wird. Und damit nicht genug: Wenn sich die WASG-Mitglieder im Nordosten nicht darauf einigen können, gemeinsam mit der Linkspartei zur Landtagswahl anzutreten, könnte das auch die Fraktion der Linkspartei im Bundestag zu Fall bringen.

Wenn es für die junge Partei ganz schlecht läuft, dann platzt auch dieser Parteitag und die WASG verschwindet in Mecklenburg-Vorpommern in der Bedeutungslosigkeit.

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In manueller Handarbeit aufoktroyiert

In dieser Ausgabe wollen wir einen Blick in die bunte Welt der Pleonasmen wagen. Es geht dabei, um es einfach zu sagen, um doppelt gemoppelte Wortkonstruktionen oder -kombinationen. Der weiße Schimmel ist der Klassiker, aber es gibt noch viel mehr.

“Regnets draußen?” Nett gemeinte Frage, leider doof formuliert. Wie oft ist es mir schon passiert, dass ich mich durch ein Unwetter kämpfte, mich gegen schneidenden Wind und eiskalte Tropfen stemmte und schließlich doch noch mit letzter Mühe und Kraft – vollkommen durchnässt – mein Ziel erreichte. Und während vor der Tür weiter kindskopfgroße Regentropfen einschlugen, sich zu einem reißenden Strom vereinigten und in wahnsinnigem Tempo die Straße entlang spülten und alles mitrissen, was dort so an Unrat im Rinnstein lag, fragt drinnen jemand: “Regnets draußen?” – Ja, wo denn sonst? Im Bus? Im Abstellraum, unten im Erdgeschoss? Oder denkt hier etwa jemand, ich hätte in aller Eile auf dem Weg zur Arbeit zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen versucht und mich deshalb erst angezogen um mich anschließend noch schnell unter die Dusche zu stellen.

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Frank Sinatra

Die Musik des Tages heute mit einem Klassiker:

Frank Sinatra: Fly me to the moon (In other words)

Begründung: Musikalische Liebeserklärung, die in leichtem Bigband-Sound deutlich macht, dass man gerade so glücklich ist, dass man sich problemlos auf das Niveau von Erdtrabanten katapultieren lassen könnte.

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E-minus

“Ein Plus verhindert” – auf diese kecke Weise möchte ich den Werbespruch eines Mobilfunkanbieters umwandeln und seine Reklamepraxis zumindest in Teilen anprangern. Grund für all den Ingrimm: Ein Popup auf einer Internetseite.

Die Umstände, was ich neulich auf www.handy-inside.de zu suchen hatte, tun hier nichts zur Sache (ich weiß es schlicht nicht mehr). Wie bei derartigen Klicki-bunti-Seiten üblich, meldete der Popup-Blocker gleich mehrere gestoppte Werbefenster. Machtlos ist der beste Blocker gegen Anzeigen, die wie eine Folie über die eigentliche Seite gelegt werden (Leser mit hoher Leidensfähigkeit dürfen gerne mal www.ostseezeitung.de aufrufen). Ein ausuferndes Anzeigenmotiv schwebt wie eine bunt schillernde Schmeißfliege im öffentlichen WC über dem Text. Irgendwo ist ein kleines “x” versteckt, auf das man klicken muss um die Werbung auszublenden.

Diese lästige Tradition hebelte eine Werbebotschaft von E-Plus auf oben verlinkter Handy-Seite aus: Es gab kein “x”. Das Fenster war blockiert, kein Text zu erkennen, nur die dunkelgrüne Mobilfunkwerbung. Nichts zu machen, was auch immer auf handy-inside zu sehen gewesen sein mag, ich konnte es nicht lesen.

Ich habe monatelang tapfer diese aufdringliche Werbung ertragen. Habe I-Love-Banner und Telekom-Gedöns tapfer und mit fatalistischem Gleichmut wegge-x-t. Die E-Plus-Anzeige war das Tröpfchen, das meine Amphore zum Überquellen brachte. Ich schrieb dem Kundenservice eine Mail.

Zuerst beglückwünschte ich das Unternehmen, dass sie es sind, die meinen Popup-Hass in wohldosierten Worten zu spüren bekommen und entschuldigte mich gleich zwischen den Zeilen für eventuell entstehende Unannehmlichkeiten. Ich schilderte das Verfahren und verabschiedete mich mit der Frage, was das denn alles bitte soll.

Eine Woche ging ins Land, eine neues Jahr brach an, da bekam ich eine Mail von E-Plus. Man bedauere aufrichtig, dass es Probleme auf der Homepage gebe, aber E-Plus stelle sein Internetangebot gerade um, und ich solle es doch später noch einmal versuchen. Schönen Dank. Sie haben nicht nur meine präzise formulierte Frage nicht verstanden, sie haben auch noch bewiesen, dass sie Kunden und solche, die es werden könnten, lieber vertrösten, als auf Probleme einzugehen. Und so hat E-Plus erfolgreich auf absehbare Zeit verhindert, dass ich auch nur einen weiteren Gedanken verschwende, eventuell deren Kunde zu werden.

Die Musik des Tages

Jeder Tag hat seinen Soundtrack. Manchmal passt der Text eines Songs, manchmal eher die Melodie. Und hier stelle ich den Song zum Tag vor. Heute:

Howard Carpendale: Schade

Begründung: Ein Feierabendsong für einen kalten Wintertag dank gleichmäßig dahintreibender Gitarren und einem Schlagzeug, das durch den 3:50-Song rauscht wie die U-Bahn durch den Tunnel. Außerdem eröffnet Herr Carpendale diese Rubrik, weil er sonst ja nicht mehr auftritt.

Einladung nach München

Email macht vieles leichter – aber manches leider auch unerträglich. Als Besitzer, Betreiber und fleißiger Nutzer dieser wundervollen Domain kann und möchte ich der digitalen Welt folgende Geschichte nicht vorenthalten.

Seit 1998 gibt es kohlhof.de. Seit wann es kohlhof.com und andere Domains gleichen Namens mit anderen Endungen gibt, weiß ich nicht. Wie es der Zufall will, gehört zu Kohlhof.com auch ein Christian Kohlhof, der Querflöte und Gitarre spielt – und zwar in einer Band mit dem seltsamen Namen Krampussies. Es ist zu vermuten, welche Mail-Adresse eben dieser Musiker hat… richtig christian-Ätt-kohlhof-Punkt-Com.

Das weiß er, das weiß ich, nur seine Bekannten sind seit Jahren vollkommen ahnungslos und dazu in einer verhängnisvollen Weise beratungsresistent. Die ersten Einladungen per Mail zu Geburtstagen von mir vollkommen unbekannten Personen habe ich noch höflich beantwortet: Da müsse ja wohl ein lustiger Irrtum vorliegen, ich jedenfalls würde diese Einladung nicht annehmen können und wollen, da sie wohl gar nicht für mich gedacht war – und ob man am anderen Ende des Internets doch bitte auf die korrekte Adresse von privaten Mails achten könnte. Es kam keine Antwort. Stattdessen erhielt ich ein Jahr später eine Einladung, mich an den Hochzeitsvorbereitungen für irgendeinen Christoph und eine Frauke zu beteiligen. Ich lehnte wie im Jahr zuvor höflich dankend ab und wünschte viel Erfolg bei den Planungen. Es kam keine Antwort – jedenfalls nicht sofort. Wenig später wurde ich aufgefordert, endlich die Texte für die Hochzeitszeitung abzuliefern. Ich antwortete mit entschiedenem Ton, dass ich mich nicht im Stande sähe, die Hochzeitszeitungen vollkommen Fremder mit belanglosem Text vollzulaichen.

Es kam keine Antwort. Stattdessen erhielt ich eine PDF-Datei mit der Bitte, das Anzeigen-Motiv gegenzulesen, ob es denn so in den Druck gehen könnte. Eine Werbeagentur hatte versehentlich meine Adresse benutzt, obwohl sie den Entwurf doch eigentlich zum Autohaus Kohlhoff schicken wollte. Eine aufklärende Antwort von mir – und ich habe nie wieder etwas vom rührigen Fordhändler gehört oder gelesen. So gehts auch.

Die Spezies aus dem Bekanntenkreis des musizierenden Christian Kohlhof hingegen weigern sich strikt, ihr elektronisches Adressbuch auf den neuesten Stand zu bringen. Zwei Jahre lang habe ich schließlich Mails mit Hinweisen auf Hochzeiten, Geburten und andere Feste ignoriert. Doch nun reicht es. Wie jedes Jahr erhielt ich auch 2006 eine Einladung zum Neujahrs-Sektempfang. Was soll ich sagen: Ich kann mich nicht länger bitten lassen, mich verleugnen, abseits stehen, die Spaßbremse sein! Ich habe zugesagt. Ich freue mich sogar, auch wenn die Anreise von 800 Kilometern sicher einigermaßen strapaziös wird, komme ich gern. Ich habe gleich per Mail geantwortet: Ob ich denn dort übernachten könnte, wo es Parkplätze gibt und ob ich noch irgendetwas mitbringen soll. Auf eine Antwort habe ich bislang nicht erhalten – ich hab sie allerdings auch nicht erwartet.

Aktiv auf den Arm genommen

Stillstand ist Rückschritt, wer rastet der rostet, jaja. In unserer schnellen Zeit, in der Trends so fix verschwinden wie sie kommen, in der heute out ist was morgen in ist, da ist Bewegung, Fortschritt, Mithalten, Aktion alles. Und das wird in einem einzigen Wort deutlich, das ganz aktiv die deutsche Sprache zu verpesten scheint: aktiv.

“Dann können die Kinder aktiv entscheiden, ob sie in die Sonnenblumengruppe gehen oder bei den Schmetterlingen mitmachen”, sagt die stolze Kindergartenmutter. Nebenan sagt der Sonnenstudio-getunte Handyverkäufer: “Da können Sie dann aktiv wählen zwischen dem Call-Dings und dem Prepaid-Bums.” Wie schön. Gegenüber in der Backwarenverkaufsstelle empfiehlt die kleine Blonde hinter der Theke: “Milch und Zucker für ihren Kaffe dürfen sie sich aktiv am Service-Point nehmen.” Mal abgesehen vom Dienstleistungs-Punkt: Wie denn sonst soll man selbst einen Tarif wählen oder koffeinhaltige Heißgetränke süßen? Passiv? Warten, bis das Mobiltelefon selbst einen Abrechnungsmodus wählt oder der Zucker aus der Dose, am Milchtopf vorbei den Becher außen hoch in den Kaffee klettert?

Es sind wohl Globalisierungsverlierer, die noch gar nicht wissen, dass sie Globalisierungsverlierer sind, die mit dem häufig und überflüssig eingestreuten “aktiv” in auch ansonsten eher nebensächlichem Sätzen ihre schwindende Bedeutung als ganz kleines Zahnrad im weltweiten Menschlein-Gefüge kaschieren wollen. Wer von ihnen hören muss, dass sie alles ganz aktiv machen, der soll ihnen glauben, dass sie die Kontrolle behalten haben im Gewirr aus Handytarifen mit 77 Fußnoten, im Meer der Kaffeesorten und -aromen, bei der Wahl der richtigen Krankenversicherung. Was bei der Wahl eines Cappuccino noch gut gehen beziehungsweise folgenlos bleiben kann, das muss bei der Wahl des richtigen Stromanbieters, des besten Postdienstes nicht zum Spar-Erfolg führen.

Wenn Unternehmen ihren Kunden jede Wahl überlassen, dann ist das zweifellos sehr freundlich, wenn allerdings die kompetente Beratung fehlt – wem nützt das dann? Dem Kunden jedenfalls nicht, der ganz aktiv selbst den Knebelvertrag gewählt hat. Er hat sich ja selbst entschieden. Wer also glaubt, unabhängig zu sein, weil er alles ganz aktiv entscheidet, der hat sich ganz passiv täuschen lassen von Werbeversprechen, die nur verdecken sollen, dass viele Konzerne gern bei der Beratung sparen wollen. Ganz aktiv haben die Konzerne da Kosten reduziert.

Und alle sind – ganz aktiv – glücklich.

Was soll denn das (1)?

Wer etwas auf sich hält und seine gesellschaftliche Position erfolgreich unterstreichen will, der geht in bunt beleuchtete Szene-Cafes mit beigen Plüschsesseln und harmlosen Mädchen als Bedienung. Dazu bestellt man sich einen Latte Macchiato, wenns sein muss mit Aroma, und macht ein wichtiges Gesicht. Schön, schön. Aber warum steckt im Milchschaum ein Strohhalm? Wer hat sich denn schon mal eine nahezu kochend heiße Flüssigkeit durch einen Trinkhalm eingeführt? Die Verbrennungen, die man sich dadurch an Mund und Rachen zufügt, versauen einem den Tag, ruinieren die Geschmacksknospen – und das Gesicht, das man macht, während man sich darum bemüht, sich den brennenden Schmerz nicht anmerken zu lassen, ist gewiss nicht szenetauglich. Bei diesem Anblick wird der tiefergelegte Bankkaufmann im Markenpullover am Nebentisch schon mal angewidert das Näschen rümpfen und zu seinem zart bekleideten Mäuschen sagen, dass das jetzt aber ganz doof aussieht da. Also eine Bitte an die Damen in den Cafes mit den hohen Preisen: Spart Euch den Halm im Schaum.