Emu auf der Überholspur

Aus der Reihe “Überraschende Verkehrsmeldungen” – gerade eben im Radio gemeldet:

Vorsicht bitte in beiden Richtungen auf der A20 Rostock – Lübeck in Höhe Groß Sarau läuft ein Emu auf der Fahrbahn.

 

Edit nach einer halben Stunde: Aus dem Emu ist inzwischen ein Nandu geworden.

Veränderungen

Heute ist mein letzter Arbeitstag als Radioreporter im NDR-Ostseestudio in Rostock. Nach 11 Tagen Resturlaub werde ich ab 2. März für die Magazinredaktion von ndr1 Radio MV in Schwerin arbeiten.

Ich habe fast sechs Jahre lang im Studio in Rostock gearbeitet, hauptsächlich für ndr1 Radio MV, aber auch für andere NDR-Wellen und öffentlich-rechtliche Anstalten. Da kommt einiges an Themen zusammen. Hier eine kleine Auswahl an Beiträgen, die mir in Erinnerung geblieben sind, weil die Themen entweder besonders bewegend, beeindruckend, weitreichend, wichtig, erschütternd oder unterhaltend waren. „Veränderungen“ weiterlesen

Unprofessionelles Amtsgericht

Gestern hat am Amtsgericht Güstrow der Prozess gegen eine Mitarbeiterin des Jugendamtes im Kreis begonnen. Die Berichterstattung über den erschütternden Fall war aber nicht ganz einfach.

Die Anklage wirft der Frau vor, die konkrete telefonische Warnung einer Ärztin über ein misshandeltes Mädchen aus Teterow nicht ordnungsgemäß an eine zuständige Kollegin weitergeleitet zu haben. Die Frau hatte die Notiz auf einem Zettel auf den Schreibtisch ihrer Kollegin gelegt, das Blatt verschwand, niemand ging noch einmal dem Hinweis nach.

Im Laufe des ersten Prozesstages wurde deutlich, dass es im Jugendamt des Kreises Güstrow offenbar keine klaren Regeln gab, wie mit einem Hinweis auf misshandelte Kinder überhaupt umzugehen sei.

Besonders erschütternd in diesem Zusammenhang ist vor allem, dass das Mädchen drei Jahre lang von der eigenen Mutter gefoltert worden war und diese Quälerei so lange ohne Konsequenzen für die Mutter blieb. Laut Staatsanwaltschaft hätte das Leiden des Mädchens erheblich verkürzt werden können, wenn die Jugendamtsmitarbeiterin richtig gehandelt hätte. Das ist nicht passiert – Lea-Marie musste immer wieder Kalkreiniger und Essigessenz trinken. Die Mutter hatte unter anderem immer wieder andere Ärzte und Kliniken besucht, um wenig Misstrauen zu erwecken. Die Mediziner hatten immer wieder erhebliche und teilweise auch lebensgefährliche Verletzungen und Verätzungen im Mund und in der Speiseröhre entdeckt. Außerdem auch Verbrühungen auf den Oberschenkeln des Kindes. Die Mutter hatte ihre Tochter mit heißem Wasser übergossen – unter anderem, um Geld von einer Versicherung zu kassieren.

Lea-Marie lebt inzwischen wohlbehütet bei einer Pflegefamilie, sagte ihr Anwalt am Rande des Prozesses. Das Mädchen wird lebenslang immer wieder an der Speiseröhre operiert werden müssen. Die Mutter des Kindes wurde vor einiger Zeit bereits zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.

Der Prozess damals am Landgericht hatte großes öffentliches Interesse erregt. Das Gericht in Rostock ging damit gewohnt professionell um: Mit einer Anmeldeliste für Journalisten, reservierten Sitzplätzen für Reporter und Presseinformationen über die Termine im Prozess.

Im Amtsgericht in Güstrow hat man von professioneller Vorbereitung auf Verhandlungstermine von größerem Interesse keine Ahnung und lässt auch in keiner Weise erkennen, dass man dies jemals ändern will. „Unprofessionelles Amtsgericht“ weiterlesen

Beweisfoto

In der Post lag jetzt ein großer Umschlag aus Berlin. Die Kollegen aus dem Hauptstadtstudio, bei denen ich in der vergangenen Woche zu Gast sein durfte, haben ein Beweisfoto entedeckt, das mich bei der Arbeit zeigt. Vielen Dank für dieses Erinnerungsstück!

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Dezent im Hintergrund, Mikrofon in der Hand. Ein DPA-Foto im Tagesspiegel vom 14. Januar zeigt, was ich am Tag zuvor unter anderem getan habe. Kollegen aus Berlin haben mich entdeckt, meine winzige Erscheinung eindeutig markiert und mir das alles zugeschickt. Repro: Christian Kohlhof

Ehrenamtliches Engagement

Die Tatsache, dass ich weiterhin im Besitz meines
Aufnahmegerätes bin, ist allein dem Umstand zu
verdanken, dass es diese Internetseite gibt.
Das ist eine Erkenntnis eines abwechslungsreichen
Arbeitstages, der mich heute nach Berlin führte,
zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten.

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Einer nach dem anderen: Beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten (r.) wird jeder Gast persönlich begrüßt. Fotos: Christian Kohlhof

Zum neuen Jahr empfängt der Bundespräsident traditionell nicht nur Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch Bürger aus allen Bundesländern, die sich ehrenamtlich engagieren. 57 Männer und Frauen waren es dieses Jahr, die am Defilee im Schloss Bellevue eingeladen waren. „Ehrenamtliches Engagement“ weiterlesen

Zeitungszukunft

Neue Strategien für Zeitungsredaktionen, vor allem aber die neuen Strategien von Verlegern, waren am Abend Thema in der Rubrik “Hintergrund” im Deutschlandfunk. Der Beitrag war nicht unbedingt eine Radio-“Perle” – er stellt meiner Auffassung nach aber entscheidende Entwicklungen im Print-Journalismus dar. Nachzulesen und auch noch anzuhören sind die 20 Minuten mit O-Tönen von Journalisten, Verlegern und Wissenschaftlern auf der Internetseite des Deutschlandradios.

Vielleicht hätte dem Beitrag allerdings noch ein Hinweis gut getan, dass auch im Hörfunk mit dem Einzug neuer Techniken neue Zuständigkeiten, Arbeitsabläufe und Organisationsstrukturen notwendig wurden – und der Rundunk deshalb auch schon seit geraumer Zeit vor ähnlichen Herausforderungen steht und deshalb auch dort leidenschaftliche Debatten geführt werden…

Gnatzig

Die wohl nervigste Radiowerbung derzeit leistet sich Bauhaus auf diversen Kanälen. Dort jubiliert schon der Weihnachtsmann zu den Klängen von “Lasst und froh und munter sein” über die Angebote aus dem Baumarkt. Es geht dabei wohl um Lichterketten. Das ist zu früh. Viel zu früh. Viel zu nervig, viel zu einfallslos. Und überhaupt: Advent-ist-im-Dezember.de. Und bis der Weihnachtsmann kommt, dauert es noch 54 Tage.

Es ist allerdings zu befürchten, dass dieser Baumarkt-Weihnachtsmann nur der geifernde Vorbote einer jährlich wiederkehrenden Werbewelle zur Unzeit ist, und dass diese Welle spätestens ab morgen über uns herreinbricht. Ja, so etwas kann mich gnatzig machen. Ich bin gnatzig. Sehr gnatzig.

Atomarer Erstschlag

Manches möchte man unter keinen Umständen im Radio hören: “Dieses Land wurde mit Atomwaffen angegriffen. Alles ist kaputt… und denken sie daran, dass es überhaupt nichts nützt, jetzt vor die Tür zu gehen, weil bald der Fallout einsetzt. Belassen sie ihr Radio auf diese Frequenz eingestellt, aber schalten sie jetzt ab, um Batterien zu sparen. In zwei Stunden melden wir uns wieder.” Huiuiuii! Das ist der sinngemäß überstezte Ausschnitt aus dem Text (PDF), den die BBC in Großbritannien in den 70er Jahren auf allen Frequenzen verbreitet hätte, wenn „Atomarer Erstschlag“ weiterlesen

Radioperlen: Froschkonzert in Moll

Radio ist bloß der beste Lala-Mix von gestern und heute mit mehr Musik und ebensolcher Abwechslung ohne Unterbrechung? Nun ja… auch, um nicht zu sagen: Vor allem. Die Entwicklung vieler Radiostationen lässt diesen Schluss zu. Vor allem, wenn sich vermeintliche redaktionelle Kompetenz ausschließlich auf zugekaufte Kurznachrichten, das Vorlesen von Temperaturen und das Nennen von Radarfallen beschränkt. Aber jeder kann und darf ja selbst entscheiden, was er hört.

Dabei gibt es im Radio so viel anderes zu hören. Man muss es nur finden oder wissen, wo es interessante Reportagen, Feature, Specials, Interviews und Berichte gibt. Das können knackige 90-Sekünder sein, sind in vielen Fällen aber wohl auch längere Stücke. Weil ich berufsbedingt besonders viel Radio höre, habe ich beschlossen, hier auf Gehörtes und zu Hörendes hinzuweisen, also auf das, was mir gefallen hat und Sendungen, von denen ich mir einiges verspreche.

Den Anfang macht ein Rückblick auf den Deutschlandfunk vom Wochenende. Am Sonntag lief dort das Feature “Froschkonzert in Moll – was tun, wenn die Amphibien gehen?” (nachzulesen und -zuhören bei dradio.de). Es geht darum, dass ein Drittel aller Frösche, Unken, Kröten und wie sie alle heißen vom Aussterben bedroht sind, weil ihnen nicht nur Treibhausgase und Klimawandel zu schaffen machen, sondern sie obendrein noch von einem fiesen Pilz namens Chytrid gepiesakt werden.

Der Beitrag beginnt mit dem Verschwinden der Goldkröten, was vom Begriff her schon ein echter Anreiz zum Weiterhören sein kann. Es folgt eine Szene, bei der der Hörer Wissenschaftler in der Schweiz auf der Froschsuche begleitet und mit ihnen durch Morast, hüfthohes Gras und am Rand von dunklen Tümpeln entlangwandert. Auftakt zu einer halben Stunden wissenschaftlichem Exkurs über die Bedrohungen für Salamander und Frösche. Das Thema lässt das nicht unbedingt vermuten, aber das alles war sehr spannend aufbereitet. Mit überraschenden Erkenntnissen. Zitat:

Neuseeländische Forscher haben im vergangenen Jahr entdeckt, dass eine Augensalbe Frösche resistent gegen den Pilz machen kann. Und Wissenschaftler in den USA haben herausgefunden, dass ein spezieller Bakterien-Mix auf der Amphibienhaut den Fröschen dabei hilft, Chytrid zu bekämpfen. Hoffnungsschimmer – aber nur im Labor. Wie sollen wildlebende Frösche im Regenwald mit einer Salbe behandelt werden?

Forscher planen deshalb, gezielt die Erbinformationen von aussterbenden Amphibienarten in Gen-Datenbanken zu konservieren. Für später einmal, wenn man schlauer ist. Allerdings machten die Froschforscher auch klar, dass derzeit wohl nicht genug unternommen wird, um dem Siechtum vieler Amphibien-Arten Einhalt zu gebieten.

Der Beitrag war die perfekte Mischung aus Information und Unterhaltung für eine Autofahrt in den Westen. Einzig die Frösche selbst waren kaum zu hören, wo sie doch so schön quaken. Aber vielleicht war das ja auch bloß ein erschütterndes Stilmittel von Autorin Marieke Degen u m zu unterstreichen, wie selten manche Frösche inzwischen schon zu finden sind.