Verwarnt

Im Fall der jahrelang misshandelten Lea-Marie aus Teterow hat das Amtsgericht Güstrow heute eine ehemalige Mitarbeiterin des Jugendamtes zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt. Die Frau muss den Betrag von zusammen 5000 Euro nur dann zahlen, wenn sie sich innerhalb eines Jahres etwas zuschulden kommen lässt. Unabhängig davon muss die 56-Jährige dem Mädchen 2000 Euro zahlen. Die Frau habe eine fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen begangen, urteilte das Gericht und verwarnte die Angeklagte.

Die eigene Mutter hatte ihre Tochter Lea-Marie mit heißem Wasser übergossen und dem Kind immer wieder Essigessenz und Kalkreiniger eingeflößt. Sie habe auf diese Weise Geld von einer Versicherung kassieren wollen. Lea-Marie wird ihr Leben lang an den Folgen leiden. Sie lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie. Die Mutter wurde bereits zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.

In der Urteilsbegründung hieß es, die Jugendamtsmitarbeitern hätte das Leiden des Mädchens abkürzen können, wenn sie den Hinweis einer Ärztin auf die Verletzungen des Kindes ordnungsgemäß an ihre Kollegen weitergeleitet hätte oder wenn sie sich selbst für das Kind eingesetzt hätte. Allerdings treffe auch die Ärzte eine Mitschuld. Rund 30 Mal hatte die Mutter ihre Tochter mit Verätzungen in Mund, Rachen und Speiseröhre in Krankenhäuser gebracht. Die Ärzte hätten unter anderem viel zu spät Rechtsmediziner eingeschaltet.

Die Mutter war mit ihrem verletzten Kind immer wieder zu anderen Kliniken gefahren, um wenig Verdacht zu erregen.

PS: Ich selbst war nicht im Gericht – denn ich arbeite jetzt ja in Schwerin. Darüber berichte ich bald mal mehr.

Unprofessionelles Amtsgericht

Gestern hat am Amtsgericht Güstrow der Prozess gegen eine Mitarbeiterin des Jugendamtes im Kreis begonnen. Die Berichterstattung über den erschütternden Fall war aber nicht ganz einfach.

Die Anklage wirft der Frau vor, die konkrete telefonische Warnung einer Ärztin über ein misshandeltes Mädchen aus Teterow nicht ordnungsgemäß an eine zuständige Kollegin weitergeleitet zu haben. Die Frau hatte die Notiz auf einem Zettel auf den Schreibtisch ihrer Kollegin gelegt, das Blatt verschwand, niemand ging noch einmal dem Hinweis nach.

Im Laufe des ersten Prozesstages wurde deutlich, dass es im Jugendamt des Kreises Güstrow offenbar keine klaren Regeln gab, wie mit einem Hinweis auf misshandelte Kinder überhaupt umzugehen sei.

Besonders erschütternd in diesem Zusammenhang ist vor allem, dass das Mädchen drei Jahre lang von der eigenen Mutter gefoltert worden war und diese Quälerei so lange ohne Konsequenzen für die Mutter blieb. Laut Staatsanwaltschaft hätte das Leiden des Mädchens erheblich verkürzt werden können, wenn die Jugendamtsmitarbeiterin richtig gehandelt hätte. Das ist nicht passiert – Lea-Marie musste immer wieder Kalkreiniger und Essigessenz trinken. Die Mutter hatte unter anderem immer wieder andere Ärzte und Kliniken besucht, um wenig Misstrauen zu erwecken. Die Mediziner hatten immer wieder erhebliche und teilweise auch lebensgefährliche Verletzungen und Verätzungen im Mund und in der Speiseröhre entdeckt. Außerdem auch Verbrühungen auf den Oberschenkeln des Kindes. Die Mutter hatte ihre Tochter mit heißem Wasser übergossen – unter anderem, um Geld von einer Versicherung zu kassieren.

Lea-Marie lebt inzwischen wohlbehütet bei einer Pflegefamilie, sagte ihr Anwalt am Rande des Prozesses. Das Mädchen wird lebenslang immer wieder an der Speiseröhre operiert werden müssen. Die Mutter des Kindes wurde vor einiger Zeit bereits zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.

Der Prozess damals am Landgericht hatte großes öffentliches Interesse erregt. Das Gericht in Rostock ging damit gewohnt professionell um: Mit einer Anmeldeliste für Journalisten, reservierten Sitzplätzen für Reporter und Presseinformationen über die Termine im Prozess.

Im Amtsgericht in Güstrow hat man von professioneller Vorbereitung auf Verhandlungstermine von größerem Interesse keine Ahnung und lässt auch in keiner Weise erkennen, dass man dies jemals ändern will. „Unprofessionelles Amtsgericht“ weiterlesen

Freeware für Geld

Die Ostseezeitung meldet auf ihrer Intenetseite (der Artikel ist hier vorerst auch für Nicht-Abonnenten sichtbar) heute Abend vorab, dass sie morgen über eine dreiste Abzocke im Internet berichtet. Ein Mann aus dem Stadtteil Lütten Klein habe auf seiner Seite Software, die eigentlich kostenlos ist, gegen eine Anmelde-Gebühr von 34,95 Euro zum Download angeboten. Darunter unter anderem der Browser Firefox, der Mailclient Thunderbird und der CD-Ripper Audiograbber.

Die Internetseite gibt es noch – der auch in der Meldung erwähnte  Betreiber residiert jetzt laut Impressum in Güstrow. Tatsächlich bietet er auf seiner Seite Software an und gibt sogar an, dass es sich um Freeware handelt. So gibt es in der jeweiligen Beschreibung sogar einen Link auf die Definition von Freeware bei wikipedia, wo es unter anderem heißt:

“Typische Vertragsbedingungen vom Autor sind etwa, dass die Verbreitung gegen ein Entgelt untersagt ist oder die Nutzung nur für Privatpersonen kostenlos ist, d.h. der Einsatz im kommerziellen Umfeld bedarf einer Lizenzgebühr.”

Angeblich sind viele Internetnutzer in diese Freeware-Falle gegangen. Das ist kaum nachzuvollziehen. Nun gut, die Seite sieht professionell aus. Aber wie landet man auf so einer Seite? Selbst wenn man Audiograbber sucht, ist der dritte google-Treffer gleich die Homepage des Programms. Und wer zahlt 35 Euro, um Freeware downloaden zu können?

Die Programm, die dort zum Download bereitstehen, sollen der OZ zufolge auch persönliche Daten abfragen. Der Browser sei außerdem derart manipuliert, dass er die online-Seiten von Verbraucherschutzorganisationen nicht abrufen kann.