Hashtag #Endlich

“Endlich” – das Thema meines Grußworts bei der Abiturientenentlassung 2019 am Katharineum zu Lübeck.

Das Katharineum zu Lübeck hat heute die Abiturientinnen und Abiturienten 2019 verabschiedet – so wie mich vor 25 Jahren. Es ist üblich, dass Mitglieder des Goldenen und des Silbernen Abiturjahrgangs auf der Entlassungsfeier ein Grußwort sprechen. In diesem Jahr hatte ich die Ehre, dieses zu tun. Mit diesem Text bin ich vorhin in der Katharinenkirche an den Start gegangen. Der Stand des Textes ist der 30. Mai 2019 (dies war das Datum des Redaktionsschlusses des Schulzeitung).

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten 2019.

Endlich! Endlich sind Sie fertig! Wir alle brauchen Sie ganz dringend. Ich erkläre Ihnen gleich, was ich meine. Zunächst aber – und an allererster Stelle: Herzlichen Glückwunsch, dass Sie Ihre Schulzeit mit einem Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife vom Katharineum zu Lübeck beenden. Das hat wirklich nicht jeder.

Ihre Schulzeit haben Sie weitghend in einem geschützten Raum verbracht – sowohl räumlich, als auch persönlich. Klar, in den vergangenen Jahren hat sich bei Ihnen vieles um die Schule gedreht, um Stochastik, Meiose und Mitose, Platons Höhlengleichnis und noch viele andere mehr oder minder faszinierende Dinge. Ich hoffe, es hat sich auch viel um durchgefeierte Wochenenden gedreht, um gemeinsame Erfolge, um Zusammenhalt, um Freundschaften – sie haben hoffentlich viele Gelegenheiten genutzt, schöne Erinnerungen an Ihre gemeinsame Zeit im und am Katharineum und mit Ihren Mitschülerinnen und -schülern zu sammeln.

Nun also endlich: das „Endlich“. Das ist sozusagen der Hashtag für die nächsten Minuten. Die Welt da draußen ist für Sie natürlich nichts Unbekanntes, es ist ja eher ein allmählicher Übergang in ein eigenes Leben, in dem Sie selbst die Prioritäten setzen. Der Weg ist noch weit, aber heute machen Sie einen entscheidenden Schritt.

Wenn Sie also in wenigen Augenblicken endlich und endgültig dieses Gymnasium verlassen, dann treten Sie heraus in eine Gesellschaft, von der sich manche Teile gerade äußerst seltsam verhalten: einerseits aufgeregt, andererseits gleichgültig, manche irgendwie auch satt oder hoffnungslos egoistisch. Diese Gesellschaft braucht mehr Menschen, die helfen, den Laden zusammenzuhalten. Und da kommen nun endlich Sie ins Spiel.

Man hat Sie hier vollgepumpt mit Hintergrundwissen, nutzen Sie das. Profitieren Sie von den hervorragenden Ideen, die andere schon gehabt haben und von denen Sie am Katharineum erfahren haben. Nutzen Sie diesen Schatz, um noch viel bessere Ideen zu entwickeln, das Lernen geht ja noch viel weiter. Wir alle benötigen Ideen, von denen eine offene Gesellschaft lebt, sogar leben muss. Eine Gesellschaft, die die Chancen jedes Mitglieds wahrt, die Vielfalt sichert, die auch Schwachen Schutz bietet – in einer so vielfältig verbundenen Welt.

Erinnern Sie sich aber bitte auch an die Fehler, und es sind viel zu viele katastrophale Fehler darunter, die andere Generationen schon gemacht haben – und helfen Sie, dass niemand diese Fehler wiederholt. Derzeit glaubt eine erschreckend große Zahl von Menschen, dass es einfache Lösungen für äußerst komplexe Herausforderungen gibt. Wer behauptet, dass es einfache Lösungen gibt, ist oft selbst das größte Problem.

Es gibt so viel Schönes da draußen. Gemeinschaft, Vielfalt, Chancen, Ideen, Kreativität, Lautes und Leises, Großes und Kleines – das wissen Sie. Das Geniale ist: All das können Sie jetzt noch viel, viel intensiver erleben – aber: Das ist ein Tauschgeschäft (was nur fair ist). Sie nutzen Chancen und übernehmen dafür: Verantwortung.

Eine der ersten Übungen in diesem Zusammenhang waren vielleicht die vergangenen Freitage? Endlich spielt das Thema Umwelt- und Klimaschutz eine entscheidende Rolle in der gesellschaftlichen und politischen Debatte. Das liegt an denjenigen unter Ihnen, die dafür auf die Straße gehen. Kaum zu fassen, wie lange es dauert, bis die Sorge ums Weltklima tatsächlich mal ernsthaft ins Bewusstsein einer Gesellschaft rückt. Aber nun ist es ja so weit: endlich.

Vor 25 Jahren habe ich hier schon mal auf einer Abi-Entlassungszeremonie eine Rede gehalten. „Zieht Euch warm an“, war damals das Leitthema. Damals ging es mir um die Schulpolitik von Stadt und Land. Ich schilderte den Eindruck, dass irgendwie der Herbst über das Katharineum hereingebrochen wäre, weil vom Heizungskeller bis zu Unterrichtsmaterialien alles dem Verfall anheimgefallen zu sein schien. Und weil zu befürchten war, dass es nicht beim Herbst bleibt, sondern alles noch viel schlimmer werden würde, rief ich mehr oder weniger mahnend, dass ja nun wohl bald der Winter kommen werde. Ich stelle heute erleichtert fest, dass von unserer Schule doch noch viel mehr übrig ist als eine plattgewalzte Grundmoränenlandschaft, über die Eiszeitgletscher aus dem Bildungsministerium rübergerutscht sind.

Ich werde aber dieses Bild des heraufziehenden Winters nicht los – heute allerdings in anderem Zusammenhang. Das liegt vielleicht an „Game of Thrones“ mit den Weißen Wanderern. In dieser sensationellen Fantasy-Serie ist eine von vielen ständigen Bedrohungen der Ansturm von Weißen Wanderern aus dem Norden. Wo sie einfallen, gefriert alles, erstarrt, stirbt. Was, wenn die Bedrohung unserer Zeit auch Wanderer sind? Blaue Wanderer vielleicht, die glauben, es sei ebenso nötig wie angemessen und unbedenklich, gemeinsame Sache zu machen mit braunen Wanderern und von rechts ins Bild zu laufen – im Gleichschritt? Diese Wandergruppen machen deutlich: Leider ist nicht alles endlich. Manches ist auch unendlich: Einfalt, Rücksichtslosigkeit, Ignoranz. Helfen Sie bitte mit, dass diese Wanderer nicht an ihr Ziel kommen.

Sorgen Sie mit uns dafür, dass dies eine lebenswerte, offene Gesellschaft bleibt – mit einem Fundament, das seit 70 Jahren Frieden und Fortschritt sichert, sowie die Freiheit jedes Einzelnen sich zu entfalten. Setzen Sie sich ein – für die, die Ihnen nahestehen und das, was Ihnen wichtig ist. Was wir als selbstverständlich erachten, das ist gar nicht so unzerstörbar sicher: Demokratie, Frieden, Wohlstand, Gerechtigkeit. Es gibt viel zu viele Versuche, diese hohen Güter einzuschränken – sei es nun aus politischen Interessen oder aus wirtschaftlichem Kalkül. Machen Sie da bitte nicht mit, der Preis ist viel zu hoch. Setzen Sie sich lieber für eine offene Gesellschaft ein. Sie müssen das ja nicht allein tun. Tun Sie dies über Grenzen jeder Art hinweg.

Wie geht es weiter? Sie haben bestimmt schon Pläne. Studieren Sie – oder lernen Sie ein schönes Handwerk beziehungsweise einen schönen Beruf. Pause machen ist auch ok. Oder erst das eine, dann das andere. Probieren Sie sich aus. Machen Sie Fehler, stehen Sie dazu – und lernen Sie daraus. Ziehen Sie kluge Schlüsse, freuen Sie sich über Ihre weisen Entscheidungen. Setzten Sie sich Ziele, große und kleine, aber bleiben Sie clever genug, diese auch zu ändern, wenn es sinnvoll ist.

Gutes Geld verdienen und persönliches Glück funktionieren nur dann gemeinsam, wenn die Aufgabe glücklich macht. Denken Sie an sich, aber bedenken Sie auch das große Ganze. Übernehmen Sie Verantwortung.

Dabei wünsche ich Ihnen Erfolg, Zuversicht, Geduld, Geistesblitze, Mut und Ausdauer. Und ich wünsche Ihnen persönliches Glück.

Und bitte: vergessen Sie dabei auch weiterhin das Feiern nicht!

Es scheint sich eine gewisse Regelmäßigkeit abzuzeichnen, was meine Auftritte auf Entlassungsfeiern des Katharineums angeht. Ich hoffe also, dass wir uns möglichst alle in 25 Jahren hier wiedersehen – und dass ich dann von einem fulminanten Sommer sprechen kann, an dem auch Sie mitgewirkt haben …. endlich.

Rudern

Rudern – mein Lieblingssport. Komisch, dass ich so lange abstinent war…

Habe ich hier eigentlich überhaupt schon mal über die beste Sportart der Welt geschrieben, also übers Rudern? Eigentlich nicht. Warum bloß? Dabei habe ich bereits 1986 zum ersten Mal in einem Boot gesessen, es hieß “Gudrun” und gehörte der KRR, der Ruderriege des Katharieneums. Ich habe ja damals fast mehr Zeit im Bootshaus als in der Schule verbracht – in etwa so, wie ich später häufiger im NDR-Ostseestudio anzutreffen war als im Hörsaal.

Rudern, also, das richtige, nicht Paddeln in Kajaks, Kanus oder Kanadiern, sondern in handfesten Ruderbooten, ist sensationell. Übers Wasser gleiten im Einer oder in Mannschaftsbooten ist ebenso anstrengend wie entspannend und zudem der Gesundheit äußerst dienlich – mal abgesehen davon, dass einem oft der Hintern weh tut auf den hölzernen Rollsitzen und dass die Hände Schwielen zeigen – aber irgendwas ist ja immer…

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Elitäre Adresse

In der Lübeck-Ausgabe des Brettspielklassikers “Monopoly” ist die Top-Adresse natürlich nicht die weltbekannte Schlossallee, sondern die Königstraße. Und das alles ist auf dem Spielbrett mit einem Foto illustriert, welches – folgerichtig und konsequent, angemessen und selbstverständlich absolut berechtigt – das Katharineum zu Lübeck zeigt.Spielplan der Lübecker Monopoly-Ausgabe. Die teuerste Adresse ist die Königstraße, dargestellt mit einem Foto des Katharineums.

Spielplan der Lübecker Monopoly-Ausgabe. Die teuerste Adresse ist die Königstraße, dargestellt mit einem Foto des Katharineums, ist ja klar.

Nicht schlecht. Die Freude über “meine” Schule in derart exponierter Lage dauerte aber nur genau so lang, bis ich bei einem ersten Testspiel zweimal hintereinander mit meiner Spielfigur an der bereits mit einem Hotel bebauten Top-Adresse landete und ich deshalb aufgrund von Zahlungsunfähigkeit meine Teilnahme an “Die Familie sucht den Super-Kapitalisten (DFSDSK)” viel zu früh beenden musste…