Überwachung

“Das Kind auf Kanal 2 hat Husten” ist mein Lieblingssatz des Wochenendes. Bei einem großen Gartenfest in Mestlin hatten die zahlreichen teilnehmenden Eltern ihren Nachwuchs mit heraufziehender Dämmerung in Zelten, Kinderzimmern und Wohnmobilen untergebracht. Weil es für Jungen und Mädchen im Vorschul- und Vorkindergartenalter ebenso aufregend wie unheimlich sein kann, an einem vollkommen fremden Ort zu schlafen, hatten Mütter und Väter selbstverständlich mitgedacht und vorgesorgt. Um Unmuts- und Unbehagen-Bekundungen nicht zu verpassen, hatten sie die Unterkünfte mit ihren Babyphones verwanzt, um am Lagerfeuer sitzen und trotzdem mit einem Ohr immer beim Nachwuchs sein zu können.

Angesichts von einem Dutzend schlafender Kinder wurden aber wohl die Funk-Kanäle knapp. Jedenfalls ging plötzlich ein Raunen durch die Elternschar, weil nicht ganz klar war, ob alle Jungen und Mädchen wohlauf sind und welches Kind auf welchem Kanal sendet. So war es nur logisch, dass plötzlich eine Mutter aufsteht und “Das Kind auf Kanal 2 hat Husten” ruft. Mehrere Väter sprangen auf, um in Zelten und Zimmern nachzusehen.

Es sollte der einzige Zwischenfall dieser Art bleiben. Die Kleinen schlummerten ansonsten friedlich weiter und ließen sich auch von frühmorgendlichem Gejohle nicht mehr aus der Ruhe bringen.

Respektsperson

Soeben wurde ich Ohrenzeuge einer handfesten verbalen Auseinandersetzung auf der Straße unter meinem Fenster. Mindestens zwei Achtjährige hatten sich ordentlich in der Wolle und belegten sich in den höchsten Tönen mit Verwünschungen und Warnungen – hochfrequent kreischend und manchmal auch quiekend, so wie Achtjährige das in solchen Fällen eben tun. “Das stimmt jagaaanich!” – “Wohl” – “Das is gemeheiiin!” – “Gaanich. Kuckdichdochmaan!” – “Und wenn Du das so weiter machst dann, dann – [kurze Grübelpause] dann geh ich nach Haus! UND SAG DAS MEINER MAMA!!”
Ich hatte keine Ahnung, was diesen Zwist heraufbeschworen hatte. Aber die unverholene Drohung, Anzeige bei Mutti zu erstatten, brachte nicht nur akustisch eine neue Schärfe in die Debatte. Es entstand eine längere Pause, in der man in der gesamten Straße eine Stecknadel hätte fallen hören können. Kein Autobrummen, kein Lärm von Staubsaugern beim Frühjahrsputz, nicht mal die laut aufgedrehte Stereoanlage aus der Dachgeschosswohnung gegenüber war zu hören. Die Vögel hatten aufgehört zu zwitschern. Im Haus schräg gegenüber zog eine ältere Dame hastig ihre Vorhänge zu. Der Friseur unten im Haus schleppte hastig seine Werbetafel in den Hausflur, warf noch schnell einen letzten Blick auf den Kübel mit bunten, friedlichen Frühlingsblühern vor dem Schaufenster, um dann hastig die Haustüt von innen zu verrammeln. Es ging auf zwölf Uhr…
“Das sollst Du mal wagen, Dich mit mir anzulegen!” hörte ich dann eine Kinderstimme brummen. “Dann geh ich zu meinem Vater. Und der ist Polizist!” Bumms. Das hatte gesessen. Die Auseinandersetzung war beendet. Die Drohung, staatliche Macht notfalls auch aufgrund von persönlichen Beziehungen für eigene Zwecke bemühen zu wollen, hatte jede weitere Diskussion überflüssig gemacht. Der Polizei-Trumpf sticht bei Zweitklässlern immer.
Der andere kleine Mann auf der Straße jedenfalls schien sich in seine Machtlosigkeit zu fügen. Es hätte nur eine Karte gegeben, die das Blatt noch hätte wenden können. Aber: Ganz offensichtlich war seine Mama nicht die Frau vom Innenminister.

Gemälde aus der Mäusegruppe

Heute habe ich unter anderem dieses Bild geschenkt bekommen:

Kinderzeichnung

Denn heute früh habe ich bei NDR1 Radio MV über die Kindertagesstätte “Kinderhaus am Warnowpark” berichtet. Das Kinderhaus wurde mit dem Ehren-Präventionspreis des Bundesgesundheitsministeriums, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Manfred-Lautenschläger-Stiftung ausgezeichnet. Der Preis ist mit 10000 Euro dotiert.

Ich habe die Kinder beim Frühstück besucht „Gemälde aus der Mäusegruppe“ weiterlesen

Jim und Lukas

Es ist für Radioleute grundsätzlich ungewöhnlich, wenn man sein Publikum sieht, während man was erzählt und/oder vorliest. Auch wenn das Publikum in jeder Hinsicht klein ist. Gestern war Vorlesetag, initiiert von der Stiftung Lesen und der “Zeit“. Überall haben Erwachsene eine Stunde lang in Kitas und und Grundschulen vorgelesen – um die Lust am Lesen und Vorlesen zu wecken.

Ich habe gestern Morgen in der “Schmetterlingsklasse” der Werner-Lindemann-Grundschule in Rostock gesessen und aus “Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer” vorgelesen. In dieser Schule ist jede Klasse Pate für ein Tier, die 3a ist für Schmetterlinge zuständig (Das finde ich ja nicht schlecht).

45 Minten lang habe ich vorlegesen, wie Jim und Lukas mit Emma Herrn Ping Pong, Herrn Tur Tur und Nepomuk kennenlernen. Außerdem haben wir gemeinsam gerätselt, was es in Mandala (in früheren Ausgaben ist das China) für seltsame Schreibweisen gibt: Nämlich nicht von links nach rechts, sondern von oben nach unten. Fas-zi-nie-rend!

Jim Knopfs Abenteuern habe ich früher schon immer gebannt gelauscht. Deshalb musste es auch unbedingt dieses Buch sein.

21 Kinder hörten aufmerksam zu – zum Schluss gabs Applaus – auch das hört man als Radiomann ja eher selten. Aber ich hatte auch offene Ohren. In dieser Grundschule spielt Vorlesen eine besondere Rolle. Bereits ab der 2. Klasse stehen Buchvorstellungen der Kinder auf dem Stundenplan.

Die Aktion in der Lindemann-Schule war eine Idee des Kollegen Carsten Klehn, er hatte 10 weitere Kollegen des Ostseestudios zum Vorlesen in allen Klassen der Schule aufgerufen. Also, ich mache das nächstes Jahr wieder.