Schlagwort: Sturm
“Wohoo!”
Was muss das für ein Gefühl sein, wenn einen der Sturm in die Höhe hievt, gut zehn Meter sogar, hoch über das tosende Wasser trägt und dann sanft wieder in die Brandung setzt? Jedenfalls hat man dann wohl das Bedürfnis, die Faust gen Himmel zu recken und laut “Wohooo!” zu rufen, während einen eine neue Böe weiter reißt zum nächsten Höhenflug. Für die vielen Kitesurfer in Warnemünde jedenfalls war das heute wohl der beste Tag des Jahres. Vielleicht auch, weil es so viele bewundernde Blicke vom Strand aus gab.
Kräftige Sturmböen, auflaufendes Hochwasser, rauschende Brandung und viele spazierende Zuschauer am Strand – im gleißenden Licht der Januar-Sonne über Warnemünde. Die bunten halbrunden Drachen der Surfer sieht man schon hoch am blauen Himmel, noch bevor man es über die Dünen geschafft hat. Auf dem Wasser herrscht regelrecht Gedränge. Surfer lassen sich vom Wind quer zum Strand ziehen, links, rechts, raus auf die See, zurück gen Strand, werfen mit ihren Boards gischtende Fontänen auf, während ein paar Meter weiter der nächste zum Höhenflug abhebt.
Die Ostsee hatte leichten Schaum von Seepflanzen angespült. Wie Milchschaum lag der dicke Flaum im Sand – und immer, wenn Sturmtief Nadia Lust hatte, pustete es so kräftig in den weißen Flausch, dass dicke Flocken landeinwärts purzelten, zwischen den Beinen und Füßen der hunderten Spaziergänger hindurch Richtung Dünen.
Dort bot sich ein ganz anderes Schauspiel. Das Winterwetter und vor allem der Sturm des Wochenendes hat mit dem feinen Sand gespielt und ihn zu hohen Wällen aufgetürmt, Berge fast schon, und hat glattgepustete Plateaus daneben geschüttet. Manche Strandzugänge sind fast unpassierbar.
Ein paar Meter weiter sieht es aus, als kauerten die tapfersten Sandkörner hinter Muschelhälften, die im Sand stecken oder kleinen Steinchen. Wie die kleinsten Dünen der Welt scheinen sie Schutz vor dem grimmigen Wind zu suchen, um nicht auch noch Richtung Hotel Neptun mitgerissen zu werden. Ganz ähnliche Szenen werden sich in der Hochsaison hier auch wieder abspielen, dann aber in einem anderen Maßstab, wenn sich Touristen hinter ihren viel zu bunten Windfang-Zelten ducken.
Jedes Sandkorn, das kein Halten mehr kennt, fegt mit abermillionen weiterer Körnchen wie ein ferngesteuerter Nebel über Strand und Dünen. So stellt man sich einen ganz normalen Nachmittag auf einem Wüstenplaneten vor… ohne das ganze Wasser natürlich. Sie wissen, was ich meine.
„Der Zug verkehren“ oder auch nicht
Ich habs genau geprüft. Heute früh um 5:30 habe ich im DB-Navigator zum ersten Mal gecheckt, wie denn die Chancen sind, heute früh mit dem Zug von Hannover nach Schwerin zu kommen. Sagen wir es so: Es sah unverdächtig aus.
Ich habe mich auf den Weg zum Hauptbahnhof gemacht. Und noch immer in der Fahrplanauskunft: Kein Hinweis auf Verspätungen oder gar Schlimmeres. Allerdings im dritten Buchungsschritt dann doch ein kleines Hinweisschildchen:
“Der Zug verkehren zwischen Karlsruhe nach Frankfurt(Main)Hbf.” Nun gut, Da fährt der fragliche IC sowieso nicht lang, er startet in Kassel Wilhelmshöhe. Man überlegt also kurz, ob man dem Frieden trauen kann, wirft alle Bedenken über Bord und kauft ein Ticket, geht hoch zum Bahnsteig und triff dort: einen “Bahnsteigkoordinator”. Er hat sogar eine grüne Leuchtweste an, auf der dieses Wort steht.
Über ihm hängt die Infotafel – und dort wiederum steht leuchtend weiß auf Samtblau der Satz des Tages: “Zug fällt aus”.
Aber der Koordinator hat einen Tipp: Schnell rüber zu Gleis 3 und in den Regionalzug von Metronom einsteigen, nach Uelzen fahren und dort in einen weiteren Metronom nach Hamburg umsteigen. Guter Tipp. Findet aber nicht jeder:
Die Frau in der etwas zu engen Steppjacke, die dem Bahnsteigkoordinator in Hannover sagt, dass sie nicht die Ersatzverbindung nehmen will, weil sie da ja umsteigen müsste. Am Morgen nach dem Sturm haben noch nicht alle den Blick fürs Wesentliche… #Friederike #Orkan #Bahn
— Bahnreisende (@bahnreisende) January 19, 2018
Stranden in Schnee und Sturm
Wettervorherfrage
Wenn der Hochsommer 2017 schon auftritt wie der Spätherbst… wie wird dann wohl erst der Winter werden?
Hochwasser und Sturmflut an der Ostseeküste
Mit Sturmtief “Axel” gings gestern los – jetzt lässt der Wind nach, und die Ostsee schwappt zurück aus Nordosten Richtung deutsche Ostseeküste.
Mecklenburg-Vorpommern erwartet in der Nacht zum Donnerstag Pegelstände von 1,2 bis 1,5 Meter über dem mittleren Wasserstand. In Spitzen könnte es auch mehr werden – die Küsten haben schon schlimmere Hochwasser erlebt, das ist klar. Allerdings dürfte auch dieses Wasser an einigen Stränden und Dünen gierig nagen. Das Ausmaß des Hochwassers wird deutlich, wenn man Webcambilder von gestern mit den Aufnahmen von heute vergleicht. Hier sind ein paar Vorher-Nachher-Eindrücke von den Stränden und Häfen im Nordosten. Wobei, es sind eigentlich Vorher-Mittendrin-Vergleiche, denn mit heraufziehender Dunkelheit liefern die Webcams ja nichts Brauchbares mehr. Aber Morgen ist dann ja Gelegenheit für einen echten Vorher-Nachher-Vergleich.
Heringsdorf
Sellin
Zwar klingt das Wort “Sturmflut” zunächst mal dramatisch, im Vergleich der Bilder wird aber auch deutlich: In einigen Gewässern gibt es bislang keine nennenswerten Pegelstände.
Wismar
Göhren
Warnemünde, Blick nach Westen
Warnemünde, Blick nach Osten
Seekanal Rostock
Kreuzfahrtterminal Rostock
Heringsdorf
Karlshagen
Karlshagen Hafen
Bansin
Vitte
Eine grafische Übersicht zu den Pegelständen in Mecklenburg-Vorpommern gibt es beim Pegelportal.
Update 5. Januar: Die Flut ebbt weiter ab – einen weiteren Bildervergleich gibt es darum hier.
Mecklenburg-Vorpommern nach der Flut
Nach der Sturmflut entlang der Ostseeküste werden beim direkten Bildervergleich die Schäden sichtbar. An vielen Stränden wird jetzt schon klar, wie viel Sand das Wasser fortgespült hat. In Heringsdorf und Sellin steht das Wasser noch auf dem Strand. Ein Vergleich ist dort noch nicht möglich.
Karlshagen
Warnemünde, Westmole
Warnemünde, Blick Richtung Westen
Gerade eben in Warnemünde
Am Kreuzfahrtterminal steht das Wasser knapp unter der Kaikante. #Sturm #Ostsee pic.twitter.com/wNKoh11fxJ
— Christian Kohlhof (@kohlhofde) January 4, 2017
Teile der Promenade am Alten Strom bereits überspült. Mole nicht mehr begehbar. Schaulustige trampeln über Dünen #Sturmflut #Ostsee #Rostock pic.twitter.com/U2z5QAsEJ5
— Christian Kohlhof (@kohlhofde) January 4, 2017
Mittelmole Warnemünde und Drehbrücke. Da passt kein Kahn mehr durch… #Sturmflut #Ostsee pic.twitter.com/pSVfkfLGCF
— Christian Kohlhof (@kohlhofde) January 4, 2017
Fähranleger Warnemünde #Sturmflut #Ostsee pic.twitter.com/gol1O455oJ
— Christian Kohlhof (@kohlhofde) January 4, 2017
Verhagelt
Hagel in Rostock aus kurz zuvor noch heitrerem Himmel.
Es wird ungemütlich, haben sie gesagt. Aber nur strichweise, haben sie gesagt. Und nicht so schlimm, wie zunächst befürchtet, haben sie gesagt. Nun ja. Gegen 16 Uhr ging soeben ein Hagelschauer über Rostock nieder, der in den Kleingärten der Stadt und auf den Feldern drumherum dafür gesorgt haben dürfte, dasss die Ernte 2012 mager ausfällt. Eismurmeln von der Größe von Schoko-Linsen gingen hernieder, während der Wind die dazu eingestreuten Regentropfen waagerecht durch die Straßen peitschte.
Ich lade gerade ein Video hoch. Die Videos sind zwar inzwischen online, aber hier noch mal ein Foto, stellen Sie sich dazu bitte das Geräusch vor, das man in einer Dachgeschosswohnung hört, wenn es hagelt. Es klingt in etwa so, als würde ein Kieslaster seine Fracht auf ein Gewächshaus kippen.
Zwei Szenen stelle ich mir zu dieser Geschichte vor: 1.) Sid, das Faultier in Ice Age 1, das in einem nicht ganz so schlimmen Hagelsturm wie diesem hier Schutz unter einem Mammut-Schweif sucht – und 2.) die Abschlussszene aus “the day after tomorrow”, in der die Überlebenden vor den Trümmern des Capitols stehen und sich schwören, dass sie jetzt alles wieder aufbauen wollen, nur noch schöner. Mal sehen, wie das in Rostock gelingt, zur Zeit prägen noch die Sirenen von Feuerwehrautos auf dem Weg zu überschwemmten Kellern das akustische Bild der Stadt.