Schaf mit Kettenschaltung

Schmidt in Shanghai – Heute: Allein in China, verschrecktes Huhn und futuristischer Konjunktiv.

„Nehmen Sie den Hund zurück!“, ruft der Hausmeister Hü Yoan auf Chinesisch, der im Block sauber macht, in welchem ich wohne. Jedenfalls glaube ich das. Er verweigert mit dem Satz jedoch nicht etwa eine Restaurantbestellung, sondern hat Angst vor einem kleinen weißen Rawuff, der ab und an auch das Huhn Phoebe mit Angstschauern belegt.

Huhn Phoebe auf der Flucht
Phoebe auf der Flucht. Huhn in Angst ist in diesem Fall bittere Realität und keine Umschreibung für ein traditionelles Gericht auf asiatischen Speisekarten.
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Puzzle-Kuh

Es gibt keinen besonderen Anlass, keinen speziellen Grund, der passen würde. Aber zur Feier des Tages veröffentlicht kohlhof.de heute einfach mal das Foto einer bunten Kuh. Da:

Puzzle-Kuh aus der Cow-Parade

Die Puzzle-Kuh, ein Souvenir aus Wien. Schick, nech?

Sie gehört zur weltweiten Kunst-Aktion Cow-Parade, bei der Künstler aus allen Ecken der Welt Rinder-Rohlinge nach ihren Vorstellungen gestalten. Die Exponate bereicherten dann das Straßenbild von Großstädten auf dem gesamten Globus. Dieses Modell gehört dazu, habe es aber auf die Schnelle nun nicht eindeutig im Internet gefunden. In anderen Städten gab oder gibt es ähnliche Aktionen. So stehen in München Löwen, in Berlin Bären und in Hamburg auch Figuren von diesem Hummel-Hummel-Typ, wenn ich mich nicht irre.

Mein Exemplar stammt aus Wien, wo ich im Frühjahr 2003 auf der wohl besten Uni-Exkursion meines Lebens war. Und weil ich bunt sowieso mag, habe ich das Vieh ohne mit der Wimper zu zucken in einem kleinen Designer-Laden gekauft. Zur Bestätigung hat mir die Verkäuferin dann doch tatsächlich eine Quittung über “1 Kuh” ausgestellt. Allein das war’s eigentlich schon wert, die kleine Nachbildung zu kaufen.

Das Original, das im Design etwas von dieser kleinen Kopie abweicht, war 2001 in Kansas City zu sehen. Vielleicht ist meine Kuh auch eine Fälschung. Ich bin mir plötzlich gar nicht mehr so sicher. Bin ich einem Rinder-Fälscher aufgesessen? Wer Rinder nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte Rinder in Umlauf bringt… Ich mag sie trotzdem.

Schnecken regen sich

Und kaum regnet es mal ein bisschen, muss man schon wieder aufpassen, wo man hintritt. Schnecken, die Holländer unter den Kriechtieren:

Schnecken, überall, sogar übereinander turnen die Viecher rum.

Wobei sich sofort die Frage stellt: Wenn Schnecken Feuchtigkeit so lieben, wo waren sie denn dann in den vergangenen Wochen und Monaten, während dieser verheerenden Dürre? Wo haben die Schnecken überlebt, dass sie nun so zahlreich zurück ans Tageslicht kriechen? Wers weiß, darf es hier unten hinschreiben.

Bär mit Migrationshintergrund

Nach Rütli jetzt also Teddy: Nachdem die Debatte um Fehler in der bundesdeutschen Integrationspolitik gerade wieder auf ein sachliches Maß zurückzugehen scheint, sorgt der Zuzug eines namenlosen Braunbären über die grüne Grenze nach Deutschland für neue Diskussionen – wenn auch auf einem ganz anderen Niveau. Meister Petz kam aus Italien über Österreich in die Bundesrepublik, wo er in den vergangenen Tagen vor allem durch marodierendes Verwüsten von Stallungen, durch die Dezimierung von Zuchtschaf-Beständen und die Plünderung eines Bienenstocks aufgefallen ist. Kurz: Er hat das getant, was Bären nun mal tun.

Zwar haben Einwohner der Europäischen Union das Recht auf freie Wahl des Wohnortes, doch für Vierbeiner, die nach Ansicht von Experten untypische Verhaltensweise an den Tag legen, gilt das nicht – obwohl der Braunbär ganz offensichtlich der erste seiner Art ist, der nach 170 Jahren nach Deutschland gekommen ist. Aber das Tier scheint wenig Scheu vor Menschen zu haben, das mache ihn gefährlich, warnen Experten. So hat nun also mit schriftlicher Genehmigung des bayerischen Umweltministers die Suche und Jagd nach dem Tier begonnen, das sich bislang meisterlich vor seinen Häschern im Dickicht verborgen hält.

Inzwischen debattiert das Land also darüber, wie mit dem Raubtier, das politisch korrekt wohl als Raubtier mit Migrationshintergrund bezeichnet werden müsste, umzugehen sei. Die Meinungen reichen von “so schnell wie möglich abschießen” bis “betäuben und in ein Gehege bringen”. Beide Varianten sind schwierig und auf ihre Art gefährlich. Was also tun? Abschießen oder einfangen? Vielleicht hat der Bär schon geahnt, dass Bayern für ihn eine No-Go-Area ist und sich in über die Grenze in Sicherheit gebracht – von wegen: die Welt zu Gast bei Freunden. Herr Heye hatte mit seiner erschütternden Warnung wohl doch Recht…

Seegrasgeisterpfeifenfisch

Es gibt so Wörter, die scheinen gar kein Ende nehmen zu wollen: Donaudampfschifffahrts­gesellschafts­kapitänsmützen­abzeichen­stanz ­maschinenbedienungs­handbuch­layout­fachkraft ist so ein Wort. Nun gut, den zweiten Teil habe ich mir eben ausgedacht. Das fiel mir ein, als ich bei meinen ausgedehnten Streifzügen durchs Netz auf ein ganz kleines possierliches Kerlchen gestoßen bin. Er schwimmt unter anderem vor Indonesiens Küsten und wohl auch im Roten Meer. Dabei tarnt er sich so gut, dass selbst Wikipedia keine Ahnung hat, was das sein soll. Nur Onkel Google weiß mal wieder alles besser. Es geht um den “Seegrasgeisterpfeifenfisch”. Was für ein Monster, aber auch nur was die Länge seines Names angeht. See, Gras, Geist, Pfeife, Fisch. Fünf Wörter -und er sieht nicht einem einzigen dieser Begriffe auch nur annähernd ähnlich – nicht mal einem Fisch (!). Und überhaupt: Man sieht ja nicht mal, wo vorn und hinten ist. Es ist einfach nur ein grüner oder brauner Fetzen mit weißen Punkten, der unter Wasser treibt.

Das ist wieder so ein Moment, in dem man Biologen beneiden kann: Kaum entdecken Sie ein bislang unbekanntes Lebewesen, schon dürfen sie sich einen Namen dafür ausdenken. Ob im vorliegenden Fall die Namensfindung eher auf den Drogenkonsum seines Entdeckers schließen lässt, kann wohl nur ein Blick in eine gut sortierte Bio-Bibliothek klären. Ansonsten bleibt noch anzumerken, dass als Name – gemessen an der Optik des Objekts – durchaus auch “PlattGewalzterKaktusUntertauchDings” gepasst hätte. Naja, zu spät.

Wal-Knochen

Nach dem Whale-Jacking durch Greenpeace macht schon wieder ein Meeressäuger von sich reden. Diesmal geht es um einen Entenwal, der die Themse nach London heraufgeschwommen ist. Wissenschaftler vermuten, dass der über 5 Meter lange Wal orientierungslos ist. Grund für einen musikalischen Hinweis.

An diesem in Kommerzfunk-journalistischer Hinsicht wohl recht langweiligen Sonnabend berichtete n-tv mit ständigen Livebildern und einem satten 27-minütigen Telefongespräch mit der London-Korrespondentin (bloß unterbrochen durch das zuweilen hilfose Gestammel des Moderators und ein Telefoninterview mit dem Chef des Meeresmuseums in Stralsund) über die Rettungsaktion für den verwirrten Säuger. “Was glauben Sie, wird der Wal überleben” war eine der gehaltvollen Fragen aus dem Studio an die Kollegin am Handy irgendwo in der britsichen Hauptstadt. Die beruhigende Antwort: “Ja.”

Auch Spiegel-online berichtet von “dramatischen” Ereignissen auf der Themse, während Helfer den Wal mit Hilfe von Schwimmkörpern von einer flachen Stelle bargen und auf eine Schute hievten, die das Tier Richtung Themse-Mündung transportierte.

Und in diessem Zusammenhang fällt mir der Song des Tages ein – ach, was sage ich: es ist der Song der Woche. Und zwar von Preston School of Industry.

Ein Song, den ich entdeckte, als ich 2002 beim Lokalradio-Projekt in Rostock mithalf. Damals hieß der Laden noch Loro, heute heißt er Lohro. Damals gab es nur Probebetrieb im Studio, heute ist die ehrenamtlich betriebene Station rund um die Uhr on air und auch im Internet zu hören. Und als wir dort – gewissermaßen zur Übung – unsere Morgenshow moderierten, spielten wir auch den Song, der dreineinhalb Jahre später hier hervorgehoben werden soll. Also:

Preston School of Industry: Whale bones.

Begründung: Das ist die Sorte von Indie-Musik, die mir gefällt. Kein Geschrammel, melodisch, in diesem Fall getragen und lässig – auch ein bisschen düster.

Nachtrag 20:48: Der Wal von London ist tot. Er hat die für das Tier besonders strapaziöse Rettungsaktion nicht überlebt. Ob Greenpeace bereits wieder einen Kran und einen Tieflader bestellt hat, um mit dem Kadaver vor diplomatischen Vertretungen zu posieren, ist bislang nicht bekannt.

Wal-Kampagne

20 Tonnen Gewicht, 17 Meter lang – seit am vergangenen Wochenende in der Ostsee vor Wismar ein toter Finnwal entdeckt worden war, war zwar schnell klar, dass der Kadaver im deutschen Meeresmuseum in Stralsund zerlegt und untersucht werden soll. Unklar war aber, wie er dort hinkommt. Wegen Eisgangs fiel der Transport über See aus. Und dann traten die Umweltschützer von Greenpeace auf den Plan.
Greenpeace bot an, den inzwischen nach Warnemünde geschleppten Wal auf eigene Kosten aus dem Hafen von Rostock zu bergen und nach Stralsund zu transportieren. Mit einem Autokran, einen Tieflader, sechs Tauchern und zahllosen weiteren Helfern rückten die Umweltschützer am Tonnenhof an. Der erste Versuch, den Wal mit großen Laschen aus dem Wasser zu heben, scheiterte spektakulär: Der Kadaver stürzte mit lautem Getöse zurück ins Wasser.

Während das Hafenwasser über die Kaikante schwappte, wurde allmählich klar: Für Greenpeace ist die Hilfe bei der Walbergung nicht bloß eine umweltaktivistische Ehrensache, sondern vor allem ist der Kadaver auch Mittel zum Zweck. So sickerte das Gerücht durch, der Tieflader werde das Tier nicht direkt nach Stralsund bringen, sondern zunächst nach Berlin. Dort sei eine Protestaktion geplant, sagte ein Sprecher. Damit überraschte er nicht nur die Journalisten in Rostock, sondern auch den Direktor des Meeresmuseums. Der sagte später, er hätte dem Umweg über Berlin nicht zugestimmt. Greenpeace protestiert in dieser Woche weltweit gegen den Walfang, der vor allem von Japan betrieben wird. Insofern ist der tote Finnwal aus der Ostsee ein Glücksfall für die Kampagnen-Planer bei Greenpeace. Viele Walarten gelten als vom Aussterben bedroht. In der Ostsee kommen Finnwale normalerweise nicht vor. Wissenschaftler vermuten, dass sich das Jungtier auf der Suche nach Futter in die Ostsee verirrt hat, nicht genug Nahrung fand und deshalb verhungert ist.
Mein Bericht über die Bergung des Wals in der Mittagsschau bei ndr1 Radio MV um 12:24